Herne. Schon wieder sind in Herne mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt worden. Das zeigt die Baumbilanz 2024. Warum die Stadt trotzdem zufrieden ist.

Die Baumbilanz 2024 ist da. Sie zeigt: In Herne sind mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt worden - wie auch im Jahr zuvor. Die Schere geht aber längst nicht mehr so weit auseinander wie zuletzt. Die Baumbilanz wurde jetzt von der Stadtverwaltung vorgestellt wurde. Das Rathaus ist mit dem Ergebnis aber zufrieden. „Es geht in die richtige Richtung“, sagt Stadtgrün-Chef David Hucklenbroich zur WAZ.

In Herne werden viel zu viele Bäume gefällt: Diesen Vorwurf gibt es in der Bürgerschaft, aber auch in Teilen der Politik immer wieder zu hören. Um möglichst sachlich über das Thema diskutieren zu können, präsentiert das Rathaus seit kurzem eine Baumbilanz, die sie jetzt jährlich vorlegt. Nun ist das dritte Zahlenwerk da. Im Zeitraum von Anfang Mai 2023 bis Ende April 2024 standen demnach 713 Fällungen 674 Neupflanzungen gegenüber, was ein Minus von 39 Bäumen bedeutet. Vor einem Jahr war das Minus mit 623 noch deutlich größer.

Herne: Deutlich mehr Rodungen als Aufforstungen

Nicht berücksichtigt in dieser Bilanz sind Rodungen und Aufforstungen von zusammenhängenden Waldflächen. Sie werden in einer gesonderten Statistik erfasst. Demnach wurden im angegebenen Zeitraum in Herne 8180 Quadratmeter Wald gerodet, das entspreche - ganz grob gerechnet - einer Zahl von 100 gefällten Bäumen, so Hucklenbroich zur WAZ. Aufgeforstet worden seien aber nur 200 Quadratmeter, hier klafft also eine riesige Lücke. Zum Vergleich: In der Baumbilanz 2023 ist eine Rodung von 830 Quadratmetern Wald aufgelistet, aber auch eine Aufforstung von 8005 Quadratmetern - ein sattes Plus.

Zur Einordnung: Bäume, so der Stadtgrün-Chef, könnten generell nur von Herbst bis zum frühen Frühjahr gepflanzt werden, so komme es immer wieder zu Verschiebungen. Eine Bilanzierung mache deshalb nur über mehrere Jahre einen Sinn. So habe der sehr nasse Winter 2023/2024 und das sehr nasse Frühjahr 2023 im Forst dazu geführt, dass ein Wiederaufforsten nicht möglich gewesen sei, weil die vernässten Böden mit Maschinen nicht wie geplant aufgeforstet werden konnten. Diese Arbeiten seien aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben, sodass die Waldbilanz am Ende ausgeglichen, wenn nicht sogar positiv sein werde.

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Warum Bäume gefällt werden müssen? Grund sei meist eine Gefahrenabwehr, wenn Bäume etwa umzustürzen drohten. Die klimatischen Veränderungen mit langen Hitze- oder Regenperioden, Sturm oder Schädlingsbefall sorgten dafür, dass die Säge immer häufiger kreisen müsse. Hinzu kämen Baumaßnahmen wie die Renaturierung des Ostbachs, der A43-Ausbau oder der Neubau einer Grundwasserbehandlungsanlage.

Generell gilt: Wenn gefällt werden muss, wird anschließend nachgepflanzt. Im Umweltausschuss zog nun auch Gudrun Kaltenborn (Stadtgrün) eine positive Bilanz über die Baumbilanz 2024. Bei den Baumfällungen gebe es „fast einen Ausgleich“, und auch bei den Rodungen werde mit Verspätung nachgepflanzt - allerdings in Recklinghausen, wie sie anfügt.

Kritik an geplanter Nachpflanzung in Recklinghausen

Letzteres sorgte bei der Politik für Kritik. Wenn in Herne gerodet werde, dann müsse, bitteschön, auch in Herne nachgepflanzt werden, hieß es. Während SPD und CDU die Baumbilanz ansonsten wohlwollend zur Kenntnis nahmen, gab es Kritik von den Grünen. „Wir bauen weiter und weiter“, sagte Gerd Kalus.

Auch der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Krüger, ist nicht amüsiert. Die Fällungen von Bäumen in der Stadt sowie die Rodungen in den Wäldern überstiegen die Ersatzpflanzungen, so der Grünen-Ratsherr nach der Sitzung zur WAZ. Er fordert: „Das darf auf keinen Fall so bleiben.“ Es sei aber gut, dass die Verwaltung weitere Nachpflanzungen plane, das werde der Umweltausschuss nachhalten.

Fordert mehr Bäume: Pascal Krüger (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses in Herne, hier auf dem Europaplatz.
Fordert mehr Bäume: Pascal Krüger (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses in Herne, hier auf dem Europaplatz. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Allein: Die Bilanz setze große Bäume gleich mit frisch gepflanzten. „Die Rechnung geht so nicht auf“, erklärt Krüger. Es brauche mehr Bäume und Jahrzehnte, bis ein vergleichbarer Effekt erreicht werde. Im Übrigen seien in Herne für die Natur, das Klima und die Gesundheit der Menschen viel mehr Bäume nötig: „Bäume sorgen für Kühlung und Schatten an Hitzetagen.“