Herne. Tausende feiern die „Lange Nacht der Industriekultur“ im Archäologiemuseum und an den Flottmann-Hallen: Warum kommt man nach Herne?
Es wirkt schon ein wenig skurril: Menschen wippen mit den Köpfen. Eine Frau summt etwas schräg, aber mit viel Liebe eine Melodie in den Raum. Zwischendurch nickt man einander zu. Die Kopfhörer-Party in den Flottmann-Hallen bringt Menschen aus dem Ruhrgebiet zusammen. Es ist bunt, zum Mitschunkeln und Gucken. Die Extraschicht lockt einige Tausend Besucherinnen und Besucher nach Herne. Die große Konkurrenz durch andere Veranstaltungen und Fußball scheint Herne nicht so zu treffen wie andere Standorte.
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Mit einem Ticket durchs ganze Ruhrgebiet – und mittenrein nach Herne
Clemens Wördehoff (36) aus Bochum ist einer der Ersttäter, die es auch bei der 22. Auflage der langen Nacht der Industriekultur immer noch gibt. Das Prinzip muss man dann vielleicht doch noch mal erklären: Mit einem Ticket, das auch für Bus und Bahn gilt, lassen sich zwischen 18 Uhr und 2 Uhr nachts 33 Spielorte in 19 Städten besuchen. Herne ist mit den Flottmann-Hallen und dem Archäologiemuseum dabei. Clemens ist begeistert. Er sei mit seinen Freunden an der Zeche Hannover in Bochum gestartet. „Da haben wir eine Tour gemacht durch das ehemalige Zechengebäude.“
Jetzt läuft auch Clemens mit den Kopfhörern in Herne an den Flottmann-Hallen durch die Gegend: „Ich fand‘s total ungewohnt. Mir wurde auch gerade erst irgendwie klar, dass das durch die Farben klar ist, wer was hört. Ich dachte erst, alle hören das Gleiche.“
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Es sind nicht alleine die Kopfhörer. Die Flottmann-Hallen leuchten bunt. Draußen auf der Freifläche steht eine große Bühne. Das Trio Tridiculous wirbelt über die Bühne, macht mal Pantomime, stimmt mal Musik zum Mitsingen an. Die Temperaturen reichen gerade so, dass etliche Extraschichtler an den Bänken sitzenbleiben, Cocktails schlürfen und mit dem Kopf nicken. Ja, die Kopfhörer...
„Wir nutzen die Extraschicht, um ein bisschen was von der Industriekultur mitzubekommen und wir lieben natürlich auch noch Livemusik“, sagt Anna Maria Schmitt aus Hattingen. Die 32-Jährige sitzt im Archäologiemuseum unweit von alten Schädeln, Knochenfragmenten und Geschirr-Resten und lauscht der Kölner Band Lou’s The Cool Cats. Für Herne spreche auf der Tour durchs Ruhrgebiet die zentrale Lage, sagt Anna Maria.
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Randstandort? Museum betont Bedeutung für die Stadt
„Wir freuen uns riesig, dass so viele Spaß haben bei uns“, sagt Marketingreferentin Marie Jakob (29) vom Archäologiemuseum. Herne war bei der Extraschicht immer etwas abgehängt, eher Randstandort, kein Zollverein, keine Henrichshütte, kein Landschaftspark Nord. Welche Bedeutung hat Herne beim Extraschicht Publikum? Marie Jakob sieht keinen Nachteil für Herne. „Alleine für die Herner selbst ist es natürlich total wichtig, dass das LWL-Museum für Archäologie und Kultur vertreten ist. Wir sind ja hier auch eine Instanz in der Stadt.“ Ein Vorteil sei die Nähe zu Bochum und die gute Erreichbarkeit mit der Bahn.
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König Fußball spielt doch ein bisschen mit
Ohne Fußball geht‘s dann doch nicht: Im Museumscafé des Archäologiemuseums sitzen in einer kleinen Ecke ein paar BVB-Fans, starren gebannt auf den Fernseher mit den Spielszenen aus London. Bloß nicht ins Bild laufen. Kennt man so vielleicht von Zuhause.
Das Ergebnis? Ist bekannt. Am Ende soll mal bloß keiner behaupten, das Spiel habe sich mehr gelohnt, als alte Knochen im Keller anzuschauen.