Herne. Falsch befüllte Tonnen, riskante Überholmanöver, zugeparkte Straßen. Was eine Kolonne von Entsorgung Herne bei ihrer Altpapiertour alles erlebt.
Sie sind jeden Tag auf Tour: die Kolonnen von Entsorgung Herne. Bei Wind und Wetter leeren sie die verschiedenen Tonnen: Restmüll, Wertstoffe, Bioabfall oder Altpapier. Die Herner WAZ-Redaktion ist eine Etappe bei einer Altpapier-Tour mitgefahren und hat den teilweise harten Arbeitsalltag der Männer miterlebt. Was längst nicht nur an den schweren Tonnen liegt.
Um 6.30 Uhr rollt der Müllwagen vom Betriebshof an der Südstraße los. An diesem Tag dauert es nicht lange, bis Dieter Rodewald und Cengiz Aydin (er ist an diesem Tag für einen Kollegen eingesprungen) zum ersten Mal nass werden - Schauerwetter. Die Männer müssen mit jedem Wetter zurechtkommen. Seien es frostige minus zehn Grad oder eine Hitzewelle bei 30 Grad im Schatten. „Wenn es trocken bleibt, ist es ein glücklicher Tag“, so Rodewald.
Bis zu 20 Prozent Restmüll landet in den Papiertonnen
Tonne um Tonne ziehen sie vom Bürgersteig zum Wagen, um sie zu leeren. Plötzlich hören sie ein Klappern in der Tonne. „Das ist Glas, irgendwann bekommt man ein Gehör dafür“, so Rodewald. Und so ein Glas ist längst keine seltene Ausnahme. Laub landet ebenso in den Tonnen mit dem blauen Deckel wie Restmüll. Rodewald nennt einen möglichen Grund: Jemand hat nur eine kleine Restmülltonne, um weniger Gebühr zu zahlen. Und wenn die voll ist, landet der Müll in der - kostenlosen - Papiertonne. Am besten gut versteckt auf dem Boden, damit Männer es von Entsorgung Herne ihn nicht sehen können, wenn sie den Deckel aufklappen. Denn die Kolonnen machen immer wieder Stichproben, „denn wir kennen unsere Spezialisten“, so Rodewald. Bis zu 20 Prozent Restabfall lande in den Papiertonnen, das müsse später alles gesondert von Papier und Pappe getrennt werden.
Das ist nicht das einzige Problem, mit dem die Papiersammler zu kämpfen haben. Da für diese Sammlung keine Gebühr anfällt, müssen die Tonnen bis spätestens um 7 Uhr am Morgen der Leerung an den Straßenrand gestellt werden. Doch diese Vorgabe werde nicht immer so genau genommen, immer wieder stünden die Tonnen an der Hauswand oder in einer Einfahrt. „Das mag für uns nur ein Meter mehr zu laufen sein, aber auf einer kompletten Tour summiert sich das“, erzählt Rodewald. Da komme es schon mal zu Diskussionen mit Bewohnern, wenn eine volle Tonne stehen bleibt. Auch Kartons, die neben die Tonnen gestellt werden, landen nicht im großen Behälter des Lkw.
Apropos Pappe: In den vergangenen Jahren sei der Anteil von Kartonage deutlich gestiegen, Ursache ist natürlich der Onlinehandel. Und gerade Weihnachten sei auch ein Fest der Altpappe, im Januar seien die Tonnen immer besonders voll.
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Während Rodewald und Aydin hinten Tonne um Tonne entleeren, sitzt Miro Sola am Steuer - doch er hat noch viel mehr in der Hand. Auch im Führerhaus ist längst die Digitalisierung eingezogen. Auf einem Tablet kann Sola alle wichtigen Daten der Tour abrufen, etwa die Anzahl der Tonnen in einer Straße. Mit einer Kamera hält er immer Blickkontakt zu seinem Kollegen. Seit Anfang der 90er-Jahre arbeite er schon bei Entsorgung Herne, „als es noch der Fuhrpark Herne war“. Die Kolonne sei ein eingespieltes Team, bei dem sich jeder auf den anderen verlassen und könne.
Doch so eingespielt sie auch sind, an diesem Tag müssen sie passen. In die kleinen Straßen Metlerort und Auf dem Breil kommen sie nicht hinein, geparkte Autos machen den Rangierraum zu eng, die Bewohner werden eine ungeleerte Tonne vorfinden. Solche Situationen kommen immer wieder vor. Genau wie die Tatsache, dass die Kolonne mit ihrem großen Wagen selbst das Hindernis für den anderen Verkehr darstellt. Das offenbart sich, als der Lkw in der Bochumer Straße unterwegs ist und in die Siepenstraße abbiegt. Schnell bildet sich ein Stau von gut einem Dutzend Fahrzeugen. „Uns ist klar, dass wir das Hindernis sind“, sagt Sola. Und da es die Menschen permanent eilig hätten, hätten sie im Lauf der Jahre schon so einiges erlebt. Da führen Autos über den Radweg, um am Müllwagen vorbeizukommen, und der WAZ-Redakteur wird selbst Zeuge, wie mehrere Fahrzeuge auf dem Hölkeskampring einfach links an einer Verkehrsinsel vorbeifahren, um überholen zu können. „Jede Lücke wird genutzt“, hat Sola festgestellt. Deshalb fährt er oft mittig auf der Straße, um diese Lücke zu schließen. So könne er seine Kollegen schützen.
Dass sich die Kolonne damit nicht beliebt macht, liegt auf der Hand. „Beschimpfungen sind Routine“, sagt Rodewald. Wahrscheinlich könnte er inzwischen ein Wörterbuch mit Schimpfwörtern füllen, doch er bleibt gelassen. „Ich rege mich nicht mehr auf.“