Herne. Herner Landwirte profitieren von EU-Geldern. Ein Überblick über die Summen. Ein Landwirt würde auf das Bürokratie-Monster gerne verzichten.
Herner Landwirte haben in den vergangenen Jahren mehrere hunderttausend Euro an EU-Subventionen kassiert. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung macht die Zahlen personenbezogen auf die Landwirte und einzelne Förderprogramme öffentlich. Die Verteilung ist für die Landwirte mit einem enormen Aufwand verbunden und macht nicht alleine glücklich. Der Herner Landwirt Heinz Böckmann (52) würde darauf gerne verzichten. Denn der Anlass für die Subventionen sei ja das Kernproblem.
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Was gibt‘s aus Brüssel für die Herner Landwirte?
Im Jahr 2021 waren es alleine für Herne 137.838,31 Euro aus Brüssel, verteilt auf 14 Betriebe. Im Jahr 2022 kamen 138.501,80 Euro, verteilt auf 15 Betriebe, zusammen. Das städtisch und industriell geprägte Herne mit seinen vergleichsweise wenigen Betrieben machte dabei nur einen kleinen Teil aus. Die EU schüttete insgesamt 7 Milliarden Euro aus.
Man kann es auf den Cent genau nachlesen, was Heinz Böckmann mit seinem Hof an der Börsinghauser Straße in Holthausen aus Brüssel überwiesen bekommen hat. „Die genauen Summen kennen Sie wahrscheinlich besser als ich“, sagt Böckmann, was wohl nicht damit zu tun hat, dass er gerade im Geld schwimmen täte. Die meisten Förderanträge seien so kompliziert geworden, dass er sie über die Kammer oder Verbände stellen muss. Zusätzlich zur EU-Förderung kommen nationale Förderungen, Unterstützungen, Subventionierungen.
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Eine Beispielrechnung: Wie sich die EU-Gelder für Heinz Böckmann aufschlüsseln
Böckmann hat auf seinem Hof Schweine und Rinder, bewirtschaftet Felder, aber nur für die Direktvermarktung. Wofür gibt‘s konkret Geld aus Brüssel? Heinz Böckmann, der jüngst die Bauerndemo in Herne mitorganisierte, erhielt im Haushaltsjahr 2022 gut 18.500 Euro von der EU. Davon entfallen etwa 7250 Euro auf eine sogenannte Basisprämie. Diese Prämie entlohnt die Landwirte im Prinzip schon alleine dafür, dass sie überhaupt einen Betrieb haben. „Die Basisprämie dient der Einkommenssicherung und Risikoabsicherung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie auch als finanzieller Ausgleich für die weit höheren Umweltschutz-, Tierschutz- und Verbraucherschutzstandards in der EU im Vergleich zu den Produktionsauflagen von Mitbewerbern auf dem Weltmarkt“, heißt es von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Dazu kommt eine Umverteilungsprämie von knapp 1900 Euro. Diese bekommt der Landwirt für die ersten 46 Hektar seines Betriebes. Die Prämie belohnt kleine und mittlere Betriebe, weil größere Flächen keine weitere Vergütung bekommen. Wer ohnehin gefördert wird und dann noch „bestimmte dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden“ einhält, erhält eine sogenannte Greening-Prämie, im Fall von Böckmann gut 3500 Euro.
Freiwillige Tierschutzmaßnahmen werden im Fall von Heinz Böckmann mit gut 4700 Euro belohnt. Das sind Standards, die über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen, wie Ausläufe oder Weidegang. Voraussetzung: Die Standards dürfen sich nicht bereits über höhere Produktpreise rentieren, wie beim Bio-Siegel. Diese Gelder seien vergleichsweise leicht zu beantragen und ein sinnvoller Beitrag, betont Böckmann. Wer wie Heinz Böckmann freiwillig noch in Umweltschutzmaßnahmen investiert, erhält ebenfalls Geld, hier: 780 Euro. Der kleinste Betrag aus dem EU-Haushalt: 248 Euro aus nicht genutzten Mitteln der Krisenreserve, weil es in dem Haushaltsjahr keine Krise gab, mit der die EU die Landwirte besonders unterstützen wollte.
Der Aufwand nicht nur für die Beantragung, sondern auch für die Einhaltung der Vorschriften sei enorm. Es gebe quadratmetergenaue Satellitenüberwachung der Felder. „Ich muss sogar die Fläche für mein Osterfeuer genau melden“, sagt Böckmann. Es sei ja richtig, die Vorschriften auch zu überwachen. „Aber man könnte auch eine Fehlertoleranz einbeziehen.“
Warum Heinz Böckmann Subventionen für den falschen Weg hält
Böckmann macht keinen Hehl daraus, dass er grundsätzlich gerne auf Subventionen verzichten würde und knüpft an die Bauernproteste an, die sich ja am geplanten Wegfall der Agrardiesel-Vergünstigung entzündeten:. „Im Grunde genommen möchten die Bauern gar keine Subventionen. Die Frage ist aber, ob man auf dem Weltmarkt bestehen kann.“ Es sei absehbar, dass die deutschen Produkte dann so teuer werden, dass sie mit Produkten aus dem Ausland nicht konkurrieren könnten. Statt auf Subventionen auf Zölle zu setzen, sei rechtlich kaum möglich.
„Die Lösung ist bestimmt nicht einfach“, sagt Böckmann. Er wünsche sich grundsätzlich, dass deutsche Produkte beim Verbraucher an Wert gewinnen. Es gebe ja durchaus Ansätze, wie ein Siegel für deutsche Produkte. „Das Hauptproblem ist der Handel. Die sagen einem, was man bekommt.“ Was auch bei den Summen aus Brüssel schnell vergessen werde: „Umsatz ist nicht Gewinn.“ Manchmal mache ein Landwirt Millionenumsätze. Im Fall der Milchbauern sei vor einigen Jahren aber eine Zeit lang gar nichts übrig geblieben.
Böckmann selbst ist reiner Direktvermarkter. Das sei aber keine Lösung für die gesamte Branche. „Direktvermarktung ist eine Nische und bleibt eine Nische.“