Herne. Seit 2021 hat der deutsche Industriedienstleister Bilfinger einen Standort in Herne. In Eickel ist eine Drehscheibe für den Gerüstbau.
Jetzt geht es langsam der Zeit entgegen, in der wieder Tannenbäume aufgestellt werden - echte und künstliche. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass an der Dorstener Straße in Eickel erneut eine Gerüsttanne in die Höhe wächst. Die auf den ersten Blick ungewöhnliche Bauart erklärt sich auf den zweiten: Bilfinger, Deutschlands führender Industriedienstleister, hat dort seit 2021 sein Zentrallager für den Gerüstbau. Die WAZ hat den Herner Standort besucht.
In der Vergangenheit habe das Unternehmen seinen Standort in Gelsenkirchen-Resse gehabt, erzählt Bilfinger-Prokurist Kai Grothuesmann, doch dort sei man aus allen Nähten geplatzt. Also habe die Suche nach neuen Flächen und Hallen begonnen und habe - dank eines Hinweises der Herner Wirtschaftsförderung - zum ehemaligen Sitz von GEA Happel direkt an der Bochumer Stadtgrenze geführt. „Erst haben wir gedacht, dass das komplette Gelände viel zu groß für unsere Anforderungen ist“, so Grothuesmann, doch beim Gang durch die Hallen offenbart sich: Die sind schon recht gut gefüllt - auch wenn noch Platz ist.
Das liegt daran, dass Bilfinger das Gerüstbau-Material von sechs Lagerplätzen in Eickel konzentriert hat und auch die Vorfertigung für Industrie-Isolierungen in eine Halle gezogen ist. Dass Grothuesmann mit der Wahl des neuen Standorts sehr zufrieden ist, hängt - wie bei vielen anderen Ansiedlungen in Herne auch - mit der zentralen Lage der Stadt zusammen. A40 und A42 sind nur die Dorstener Straße nach rechts und links runter in wenigen Minuten erreichbar. So ist das Gerüstmaterial schnell bei den Kunden. Hinzu kommt: Die größte Halle ist so groß, dass Lkw dort bequem hineinfahren können, um wetterunabhängig zu laden.
Die kommen ausschließlich aus der Industrie: Kraftwerke, Chemieparks oder andere große Konzerne. Dazu gehört auch die Deutsche Bahn, etwa, wenn Brücken saniert werden müssen. Dementsprechend viel Material muss Bilfinger vorhalten. In Herne lagere Material im Wert von rund 15 Millionen Euro, bundesweit sei noch viel mehr unterwegs, so Grothuesmann. Doch der Eickeler Standort ist weit mehr als simples Lager und Reparaturwerkstatt. Von dort aus wird der Materialservice für ganz Deutschland koordiniert. Heißt: Es wird geplant, wo wann welches Material benötigt wird.
Daneben hat das Unternehmen ein Schulungs- und Trainingszentrum eingerichtet. So reisen Bilfinger-Bauleiter aus dem ganzen Bundesgebiet an, um beim Thema Gerüstbau geschult zu werden, Subunternehmern würden jene Standards vermittelt, die Bilfinger auf seinen Baustellen verlangt. Und schließlich erhalten die eigenen Gerüstbauer eine Auffrischung ihrer Kenntnisse, die Auszubildenden können ihre ersten Übungsgerüste hochziehen. Für besonders komplizierte Aufgaben hat Bilfinger auch eine Einheit mit Industriekletterern - in Eickel kann das Team für den Realeinsatz trainieren.
Zu den rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort zählt auch die Mannschaft der Vorfertigung für Isolierungen. Große Industrieanlagen benötigen diese Isolierungen in unterschiedlicher Form, sei es gegen Temperatureinflüsse oder um Schall zu schlucken. In Herne schneiden Präzisionsmaschinen aus Blechen die benötigten Teile, danach werden sie in Handarbeit geformt und für die Montage an den Anlagen vorbereitet.
>>> DAS UNTERNEHMEN
Bilfinger ist ein international tätiger Industriedienstleister überwiegend in Europa, in Nordamerika und im Mittleren Osten aktiv. Die Kunden kommen aus den Bereichen Energie, Chemie Petrochemie, Pharma Biopharma sowie Öl und Gas. Mit über 30.000 Mitarbeitenden erwirtschaftete der Konzern im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von rund 4,3 Milliarden Euro.