Herne. Die Personalnot in Kitas in Herne wird so groß, dass ein Träger überlegt, die Betreuungszeiten zu kürzen. Das hätte Konsequenzen für Eltern.
Personalmangel und finanzielle Nöte beschäftigen die Kitas in Herne. Wenn sich die Lage nicht bald bessert, könnte es sogar zu einer Verkürzung der Betreuungszeiten kommen. „Wir überlegen, zum neuen Kita-Jahr weniger 45-Stunden-Plätze anzubieten“, sagt Gabriele Awiszio, Geschäftsführerin bei Lebenshilfe Kids, die inzwischen sechs Kitas in Herne betreibt. „Da denken wir sehr konkret drüber nach.“ Auch andere Träger sehen ihr Angebot gefährdet, wenn sich nicht zeitnah etwas tut.
„Wenn wir die Randzeiten nicht mehr vorhalten können, weil wir zu wenig Betreuungspersonal haben, würde das zwangsläufig dazu führen, dass wir so wie zu Corona-Zeiten die Einrichtung vielleicht um 15 Uhr schließen“, erläutert Awiszio. Das Instrument der „Notbetreuung“, das erst im Zuge der Pandemie eingeführt wurde, hat sich in den meisten Kitas bis heute gehalten, um personelle Engpässe zu überbrücken. Dabei sollen meist nur die Kinder von Berufstätigen für diese Tage die Kita besuchen und auch nur für einen kürzeren Zeitraum (beispielsweise bis 15 Uhr).
Kitas in Herne: Notbetreuung bleibt – wird aber seltener
Bei den Kitas der Lebenshilfe handele es sich aber nie um mehr als drei bis fünf Tage, die im Notbetrieb gearbeitet würde, so Awiszio. Sie seien vom Landesjugendamt verpflichtet, bei Unterbesetzung diesen Schritt der Schließung von Gruppen oder einer Begrenzung der Kinderzahl durch eine Notbetreuung zu gehen, damit die Mindestbesetzung in Relation zur Kinderzahl noch stimme. Das Personal sei durch jüngere oder inklusive Kinder viel stärker gefordert als früher. „Nicht nur Kinder mit Förderbedarf, sondern auch Regelkinder sind viel fordernder geworden.“
Die Lebenshilfe würde gerne die Gruppengröße verkleinern: „Wir würden gerne statt 20 vielleicht 15 Kinder aufnehmen. Aber das möchte natürlich die Kommune nicht“, so Raatz. Denn in Herne fehlen weiter Hunderte Kita-Plätze und die Stadt versucht, weiter neue Plätze zu schaffen, statt bestehende zu kürzen. Doch für mehr Kita-Plätze benötige man auch mehr Personal, sagt Bettina Raatz, ebenfalls Geschäftsführerin bei Lebenshilfe Kids.
„Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt“, so Raatz. Derzeit fehlten in den sechs Kitas insgesamt vier Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter. In jeder Kita gebe es noch die Mindestbesetzung, aber sie als Träger hätten gerne mehr. „Wenn Mitarbeiter im Laufe des Jahres das Unternehmen verlassen – aufgrund von Schwangerschaften oder Elternzeit – finden wir nur sehr schwer neue Mitarbeiter“, sagt Raatz. Vor allem im Nachmittagsbereich und bei den Randzeiten führe dies zu Betreuungsproblemen.
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Andauernder Notbetrieb in Kitas hatte schon in der Vergangenheit immer wieder für Unmut bei Eltern gesorgt. In den letzten Wochen habe es in Herne aber keine Notgruppen-Dienste mehr geben müssen, betont Markus Mieberg, Chef der Evangelischen Kitas in Herne. „Dank unserer Ausbildungspolitik sind wir bei der Personalausstattung sehr gut unterwegs.“ Zuletzt seien 14 Auszubildende fertig geworden; 47 Auszubildende stünden „in der Pipeline“.
Auch die Lebenshilfe investiert vermehrt selbst in die Ausbildung neuer Kräfte: „Wir steigern unser Ausbildungsbudget“, sagt Raatz. „Wir versuchen, mindestens für jede Einrichtung im Jahr immer einen Auszubildenden dazuzubekommen.“ Einige hingen an die Ausbildung aber noch ein Studium an und würden so im Anschluss nicht immer als Erzieherinnen und Erzieher einsatzbereit sein.
Herner Träger fordern finanzielle Unterstützung vom Land
Neben den personellen Sorgen plagen die Träger auch finanzielle. Vor allem der aktuelle Tarifabschluss und die damit verbundenen Gehaltssteigerungen seien zwar „mehr als verdient“, bräuchten aber auch dringend eine Refinanzierung durch das Land, sagt Christopher Becker, Sprecher der Awo-Kitas. „Das eisige Schweigen der Landesregierung auf Forderungen der Freien Wohlfahrtspflege lässt uns irritiert und ratlos zurück“, sagt er und fügt an: „Wir müssen dringend ins Gespräch kommen, ansonsten stehen mittelfristig unterschiedliche Angebote auf der Kippe.“
Markus Mieberg betont: „Aufgrund der Inflationssituation und der Tarifsteigerungen sind wir kostenmäßig extrem strapaziert.“ Die Kosten seien um weit über zehn Prozent gestiegen. Auch eine Inflationsausgleichsprämie an die Mitarbeitenden aus eigener Kasse belaste diese zusätzlich. Wie die anderen Träger (Awo und Lebenshilfe) fordert er schnelle finanzielle Unterstützung vom Land oder der Kommune. Zwar könne die Lebenshilfe die schwierige Situation als großer Träger für eine Übergangszeit ausgleichen, so Raatz. „Aber kleine Elterninitiativen könnten Pleite gehen. Für sie wäre ein Rettungspaket essenziell.“
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Forderung nach NRW-Rettungspaket
- Zum Beginn des neuen Kita-Jahres hatten in NRW mehrere Träger auf die schwierige Situation der Kitas hingewiesen. Die Freie Wohlfahrtspflege warnte davor, dass Kitas unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten würden. Gruppenschließungen und Insolvenzen seien nicht auszuschließen, wenn die Landesregierung keine finanzielle Unterstützung zusichere.
- Die SPD forderte ein Rettungspaket in Höhe von etwa 620 Millionen Euro, damit Träger die Mehrkosten für Energie, Inflation und Tarifsteigerungen bis zum Start des Kita-Jahres 2024 ausgleichen könnten.