Herne. „An Widerwärtigkeit nicht zu überbieten“: So nennt SPD-Fraktionschef Udo Sobieski Äußerungen der AfD im Herner Rat. Worum es ging.

  • Die AfD hat im Herner Rat für einen Eklat gesorgt.
  • „An Widerwärtigkeit nicht zu überbieten“: So nennt SPD-Fraktionschef Udo Sobieski die Äußerungen.
  • Das ist passiert.

Das Thema, das in der letzten Sitzung des Herner Rats vor der Sommerpause auf der Tagesordnung stand, barg wenig Zündstoff. Es hieß: „Ausschüsse für Wahl der Schöffinnen und Schöffen für die Amtszeit vom 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2028.“ Was dann folgte, war aber ein Eklat. Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) stellte fest: „Das ist mir eigentlich auch noch nie untergekommen.“

Was ist passiert? Der Rat sollte Vertrauenspersonen aus den eigenen Reihen in den Ausschuss für die Wahl der Schöffinnen und Schöffen wählen. Die Laienrichterinnen und -richter starten Anfang kommenden Jahres an den Amtsgerichten Herne und Wanne-Eickel in ihre fünfjährige Amtszeit. Der Ausschuss wählt dann die Schöffinnen und Schöffen, Mitglieder sind eine Richterin beziehungsweise ein Richter, eine Verwaltungsbeamtin beziehungsweise ein Verwaltungsbeamter und besagte Ratsvertreterinnen und -vertreter. AfD-Ratsherr Arnd Schubeus kritisierte das Verfahren – und sprach von „politischer Einflussnahme auf die Wahl der Schöffen“.

Herne: AfD fordert „mehr Gewaltenteilung“ und „mehr Demokratie“

Nicht „Gewaltenteilung“, sondern „Gewaltenaufteilung“: Hernes AfD-Ratsherr Arnd Schubeus, hier im Wahlkampf zur Landtagswahl 2022 mit dem Essener AfD-Europaabgeordneten Guido Reil.
Nicht „Gewaltenteilung“, sondern „Gewaltenaufteilung“: Hernes AfD-Ratsherr Arnd Schubeus, hier im Wahlkampf zur Landtagswahl 2022 mit dem Essener AfD-Europaabgeordneten Guido Reil. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

Der AfD-Vertreter kritisierte nicht nur den Umstand, dass die Fraktionen Vertreterinnen und Vertreter in den Ausschuss entsenden, sondern unter anderem auch, dass die Stadt eine Vorschlagsliste erstellt. An diesem Prozedere sehe man, wie die „so genannte Gewaltenteilung in Deutschland“ funktioniere, sagte Schubeus am Rednerpult: „Es geht nicht um eine Trennung der Gewalten, sondern um eine Aufteilung der Gewalten – untereinander.“ Besser sei es deshalb, von einer „Gewaltenaufteilung“ zu sprechen.

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Damit nicht genug: Ähnlich laufe das Ganze auf Landes- und Bundesebene, fügte er an. Die Politik, ja das Parteibuch bestimmten, wer in wichtige Richterämter aufsteige. Schubeus forderte deshalb „mehr Gewaltenteilung“ und „mehr Demokratie“.

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OB Frank Dudda zeigte sich nach der Rede bedient. „Das habe ich selten gehört, dass uns einer so gut Demokratie erklärt hat“, kommentierte er an seinem Sitzplatz ironisch. Und fügte – diesmal ganz ernst – an, dass Schubeus mit seinem Beitrag die Demokratie gleichzeitig diskreditiert habe. Der Oberbürgermeister gab dem AfD-Mann anschließend Nachhilfe über die Funktion der Ratsvertreterinnen und -vertreter. Sie würden von den Bürgerinnen und Bürgern in geheimer Wahl bestimmt und erfüllten anschließend ihre Pflicht, erklärte er. Dazu gehöre es auch, dass sich die Politik – demokratisch legitimiert – um die Schöffinnen und Schöffen kümmere.

War bedient: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD).
War bedient: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD). © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Das stellte auch SPD-Fraktionschef Udo Sobieski noch einmal klar. Der Weg, die Laienrichterinnen und -richter zu bestimmen, sei ein in der Verfassung verbrieftes Recht. „Dass Sie Probleme haben, die Gewaltenteilung in Deutschland zu verstehen, ist jetzt mehr als deutlich geworden“, stellte er fest. Und fasste anschließend zusammen: „Die Art und Weise, wie Sie das hier dargestellt haben, ist an Widerwärtigkeit nicht zu überbieten.“

Bei der Abstimmung über die Liste der Vertrauenspersonen sagte die dreiköpfige AfD-Fraktion übrigens nicht Nein, sondern enthielt sich. Alle anderen 52 Ratsherren und Ratsfrauen stimmten mit Ja.

>>> Schöffinnen und Schöffen

Schöffinnen und Schöffen sind ehrenamtliche Laienrichterinnen und -richter. Durch ihre Beteiligung an Gerichtsverfahren soll das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz verbessert werden. Im Gerichtssaal vertreten sie das Volk, sie sollen für mehr Transparenz bei den Verhandlungen sorgen und entscheiden im Namen des Volkes mit.

Wer Schöffe werden will, muss mindestens 25 und darf höchstens 69 Jahre alt sein. Er oder sie muss in der Gemeinde des Amtsgerichtsbezirks wohnen und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Für das Ehrenamt kann man sich bewerben. Die Frist dazu lief in diesem Jahr am 17. März aus. Weitere Informationen gibt’s auf www.schoeffenwahl.de.