Herne. Eine knappe Million Euro haben die Ratsparteien auch 2022 von der Stadt als Zuwendungen für ihre Arbeit erhalten. Wer wie viel zurückzahlte.
Es geht um Geld, es geht um Stil: die wöchentliche Kolumne Politgeflüster.
2486 Euro und 04 Cent
Sie haben’s wieder getan: Die Piraten haben jüngst mehr als die Hälfte der städtischen Zuwendungen für die Ratsarbeit 2022 zurückerstattet. 4800 Euro standen Piraten-Einzelkämpfer Lars Wind fürs vergangene Jahr zu, 2486 Euro und 04 Cent (Schalke-Fan?) gingen zurück an den Kämmerer, weil Wind das Geld nach eigenen Angaben nicht benötigte für die Ausübung seines Mandats. Sie fühlten sich verpflichtet, mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger sorgfältig umzugehen, betont Wind. Damit sendeten sie das Signal aus, dass man auch mit geringen Mitteln und mit einer gewissen Sparsamkeit einiges bewegen könne.
Eine Nachfrage der WAZ bei der Stadt ergab: Die meisten anderen Ratsparteien überwiesen ebenfalls Mittel an die Stadt zurück, allerdings fällt der Anteil bei ihnen – gemessen an der Höhe der jeweiligen Zuwendung – deutlich geringer aus als bei den Piraten. Zur Erklärung: Die Verteilung der Mittel von insgesamt rund 940.000 Euro wird nach einem Schlüssel errechnet. Die konkreten Rückzahlungen: CDU 1456,41 Euro (Gesamtzuwendung für 2022: 177.022,68 Euro), Grüne 261,21 Euro (153.718,92 Euro), Linke 107,78 Euro (70.355,64 Euro), AfD 2596,71 Euro (71.555,64 Euro), FDP 1948,15 Euro (46.903,76 Euro) sowie Bündnis für Deutschland/Wir für Herne 11.222,12 Euro (46.903,76 Euro). Einzelmandatsträger Bernd Blech von den Unabhängigen Bürgern (4800 Euro) und die 28-köpfige SPD-Fraktion (364.652,76 Euro) verwendeten die kompletten Mittel für ihre politische Arbeit. Grund genug, die SPD ausdrücklich zu loben: Es ist schon großes Kino, dass es ihr nach 2021 erneut gelungen ist, bei einer solch hohen Summe eine Punktlandung hinzulegen und keinen einzigen Cent zurückzuzahlen (Zwinkersmiley).
Schlechter Stil
Nach dem neuerlichen Erfolg des BUND Herne vorm Verwaltungsgericht bei der Klage gegen die Baugenehmigung an der Bergstraße hat Ingrid Reckmeier am 8. Mai einen offenen Brief an OB Frank Dudda und die Stadtverordneten geschrieben. Darin kritisierte die BUND-Sprecherin unter anderem den („unüblichen“) Schritt der Verwaltung, Berufung gegen das Urteil einzulegen, bevor die schriftliche Urteilsbegründung vorgelegen habe. Die Folge: Mit diesem (rechtlich zulässigen) Vorgehen verhinderte die Stadt, dass der BUND wie schon im Juni 2022 gerichtlich einen Baustopp für das umstrittene Vorhaben eines Investors erwirken konnte. Es gehe der Stadt hier offenbar „einzig und allein“ darum, so Reckmeier in ihrem Brief, den Investoren weitere Zeit zu verschaffen, ihr Bauvorhaben voranzutreiben“.
Die Antwort des OB mit einer Zurückweisung der BUND-Vorwürfe („Ton und Haltung Ihres offenen Briefes irritieren“) folgte auf dem Fuße, zumindest für die Ratsparteien. Diese erhielten nach WAZ-Informationen nämlich bereits Anfang vergangener Woche per Mail den von Frank Dudda an die „sehr geehrte Frau Reckmeier“ adressierten Brief – und damit mehrere Tage vor der eigentlichen Empfängerin. Schlechter Stil? Schlechter Stil. Zu begrüßen ist dagegen: Der OB kündigte in dem Brief an, am 13. Juni im Rat inhaltlich Stellung nehmen zu wollen zur Causa Bergstraße. Und diese Mitteilung wird dann natürlich alle gleichzeitig erreichen. Es sei denn, sie wird in dieser für die Stadt bislang alles andere als ruhmreichen Angelegenheit im nicht öffentlichen Teil der Sitzung gegeben.
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