Herne. Die Stadt hat sieben Bilder ehemaliger Stadtspitzen im Rathaus Herne abgehängt. Warum die Begründung Kritik auslöst, wie es nun weitergeht.
Die Stadt hat das Gemälde des in der NS-Zeit in Herne amtierenden Bürgermeisters und Kämmerers Hermann Meyerhoff sowie fünf weitere Bilder früherer Stadtspitzen im Rathaus abgehängt. Udo Jakat, der Ende 2022 in einem Bürgerantrag die Entfernung des Meyerhoff-Porträts gefordert hatte, sieht diesen Vorgang „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“.
„Es ist zu begrüßen, dass Hermann Meyerhoff diese Ehre nicht mehr zuteil wird“, kommentiert Jakat das Abhängen des Bildes des späteren Oberstadtdirektors (1947 bis 1953) in Sitzungssaal 212. Seinen Vorstoß hatte das Mitglied der DGB-Geschichtswerkstatt damit begründet, dass der parteilose Meyerhoff – er führte 1942 und 1943 auch die Amtsgeschäfte des Oberbürgermeisters – ins NS-Regime verstrickt und mitverantwortlich für Verbrechen der Nazis gewesen sei.
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Weinenden Auges blicke er auf das Abhängen des Bildes im Rathaus, so der 79-Jährige, weil dies erst nach vielen Jahrzehnten erfolge und weil die Stadt die belastete Vergangenheit Meyerhoffs offiziell ausgeklammert habe. Wie berichtet, hatten OB Frank Dudda und die Parteienvertreter im Ältestenrat – ein inoffizielles Gremium zur Vorbereitung von Ratsbeschlüssen - erklärt, dass die Gestaltung des Saals „nicht mehr zeitgemäß“ sei. Nur das Gemälde vom ersten Herner Oberbürgermeister Hermann Schaefer blieb in dem Raum hängen.
Drei Enkel Hermann Meyerhoffs, darunter Schauspieler und Bestseller-Autor Joachim Meyerhoff, wollten sich gegenüber der WAZ nicht zum Abhängen des Bildes äußern. Auf eine erste Anfrage im Februar hatten sie erklärt, dass sie sich eine Entscheidung „auf der Basis von Fakten und nicht auf der Basis einer Vorverurteilung“ wünschten. Und: Sie erwarteten eine objektive und sachliche Prüfung der Vergangenheit ihres Großvaters.
Diese wird es trotz der „diplomatischen“ Entscheidung des Ältestenrates geben: Der Herner Stadthistoriker Ralf Piorr schreibt zu einem geplanten Lexikon über frühere Oberstadtdirektoren und Oberbürgermeister in Westfalen einen vertiefenden Aufsatz über Meyerhoff. Der Band der an den LWL angedockten „Historischen Kommission für Westfalen“ soll 2024 erscheinen. Nach Veröffentlichung des Buches würden sie dann wieder Stellung nehmen, so das Signal aus der Familie Meyerhoff.
Über die künftige Gestaltung des kleinen Rathaus-Saals – hier finden unter anderem offizielle Termine der Verwaltung statt – sei noch nicht entschieden worden, so Stadtsprecher Christoph Hüsken. Die Verwaltung denkt bekanntlich darüber nach, dort das großformatige Gemälde „Wildpferde in der Cranger Heide“ aufzuhängen. Das Bild stammt aus dem Nachlass des insolventen Bauunternehmens Heitkamp und hing zuletzt in einer Emscher-Aussstellung im Essener Ruhr Museum. Die Heitkamp-Belegschaft soll das Gemälde Firmenchef Robert Heitkamp Mitte der 60er-Jahre geschenkt haben, so ist es übermittelt.
Die Stadt prüft nach eigenen Angaben, ob das Aufhängen des Wildpferde-Bildes mit dem Denkmalschutz im Rathaus sowie mit anderen Kriterien vereinbar sei. Möglicherweise spielt dabei auch ein politischer Aspekt eine Rolle: Robert Heitkamp (1915-1998) soll nach dem Krieg eine große Nähe zu völkisch-nationalen und rechtsextremen Kreisen gepflegt haben. Aktenkundig ist, dass er zeitlebens verhinderte, dass auf seinem Grundstück eine Erinnerungstafel an ermordete jüdische Hernerinnen und Herner errichtet wurde. Auf diesem Grundstück an der heutigen Langekampstraße stand einst die 1939 von Nazis abgebrannte Wanner Synagoge.
>>> Stadtdirektor Edwin Ostendorf verheimlichte NSDAP-Mitgliedschaft
Neben Meyerhoff hatte mit Edwin Ostendorf ein weiterer Porträtierter eine Verbindung zum NS-Regime bzw. in diesem Fall zur NSDAP.
Ostendorf, von 1953 bis 1974 parteiloser Oberstadtdirektor in Herne, verheimlichte nach dem Krieg seine Mitgliedschaft in der Nazi-Partei. Aus einem Dokument des Reichsjustizministeriums von 1940 geht hervor, dass der frühere Sozialdemokrat (er trat 1933 aus) seit Mai 1937 „Parteianwärter“ und ab Juni 1940 dann reguläres Mitglied der NSDAP war.
Erst dieser Schritt ermöglichte offenbar 1940 die Beförderung des Juristen Ostendorf zum Amtsgerichtsrat in Essen.