Herne. Die Herner Mülldeponie bleibt Thema. Die Klage gegen die Erweiterung wird in Kürze entschieden. Und: Wie es um die umstrittene Verdichtung steht.

Der Verhandlungstermin für die Anwohner-Klage gegen die Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch (ZDE) steht fest. Und: Der Herner SPD-Vorsitzende Hendrik Bollmann hat in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats der Deponiebetreiberin AGR Stellung genommen zu den umstrittenen Plänen für eine neue Versuchsanlage zur Verdichtung von Abfall.

Die mit einer Laufzeitverlängerung verbundene Erweiterung bzw. Erhöhung der Deponie an der Stadtgrenze zwischen Herne und Gelsenkirchen ist bekanntlich im September 2021 von der Bezirksregierung Münster genehmigt worden. Dagegen hatten drei Anwohner und eine Anwohnerin vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) geklagt. Die mündliche Verhandlung findet nun statt am Donnerstag, 1. Juni (10 Uhr in Sitzungssaal 1).

Diese Gelsenkirchener Anwohner klagen gegen die von der Bezirksregierung Münster genehmigte Erweiterung der Deponie: (von links) Fabian Gärtner, Anja Hollerer und Marc Bruckmann. Nicht im Bild: der Kläger Albert Wübbena.
Diese Gelsenkirchener Anwohner klagen gegen die von der Bezirksregierung Münster genehmigte Erweiterung der Deponie: (von links) Fabian Gärtner, Anja Hollerer und Marc Bruckmann. Nicht im Bild: der Kläger Albert Wübbena. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Zuständig ist der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts. Es sei nur ein Verhandlungstermin anberaumt worden, erklärt eine Sprecherin des OVG auf Anfrage der WAZ. Üblicherweise erfolge dann am Tag der Verhandlung auch ein Urteil. Dieses wäre jedoch nicht letztinstanzlich: „Der Unterlegene kann in jedem Fall noch das Bundesverwaltungsgericht anrufen.“

Der Rechtsstreit um die Erweiterung der Deponie durch die RVR-Tochter Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhr (AGR) ist in Herne und Gelsenkirchen zuletzt durch Kontroversen um Tests und Pläne zur Müllverdichtung in den Hintergrund gerückt. Ein Beschluss des AGR-Aufsichtsrats über eine Verdichtung des Deponieuntergrunds ist zunächst auf 2024 verschoben worden.

Ebenfalls noch offen ist eine Entscheidung durch die Bezirksregierung über eine neue Versuchsanlage auf der Deponie zur Komprimierung sogenannter Künstlicher Mineralfasern (KMF). Die AGR-Führung ist für ihre Pläne (einmal mehr) bei Herner und Gelsenkirchener Politikern in die Kritik geraten. Neben der Befürchtung weiterer Belastungen für Anwohnerinnen und Anwohner im Deponie-Umfeld wurden massive Vorwürfe hinsichtlich der Informationspolitik des kommunalen Unternehmens laut.

+++ Die Debatte über die Versuchsanlage:Mülldeponie: Neuer Plan der AGR entsetzt die Politik +++

Die Beantragung der KMF-Versuchsanlage ist bereits im Sommer 2022 durch den AGR-Aufsichtsrat beschlossen worden. Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann - er ist in diesem Gremium einziger Vertreter der beiden Deponiestädte - verteidigt diesen Beschluss gegenüber der WAZ: „Die Anlage verdichtet das Material. Die Menge allerdings verdrängt andere Stoffe, die gleichwohl deponiert werden könnten“, so Bollmann. Und: Das Unternehmen erwarte keinen Anstieg der Lkw-Transporte im Falle der KMF-Verdichtung.

Gratwanderung: Hendrik Bolllmann ist (soeben wiedergewählter) SPD-Vorsitzender und Stadtverordneter sowie Mitglied des Aufsichtsrats der Deponiebetreiberin AGR.
Gratwanderung: Hendrik Bolllmann ist (soeben wiedergewählter) SPD-Vorsitzender und Stadtverordneter sowie Mitglied des Aufsichtsrats der Deponiebetreiberin AGR. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Und was sagt Bollmann, der sich als SPD-Chef stets für Dialog und Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern stark macht, zur neuerlichen Kritik an der Informationspolitik der von ihm beaufsichtigten AGR? „Vor dem Hintergrund der Reaktionen in der Öffentlichkeit wird die AGR sicherlich ihre Kommunikationsmaßnahmen noch einmal nachjustieren und je nach Projekt oder Thema hier auch früher informieren müssen“, so die (leise) Kritik des 40-Jährigen. So sei beispielsweise ein regelmäßiger Austausch mit Umwelt- und Bezirkspolitikern geplant. Auf seine Anregung im Aufsichtsrat seien auch bereits Bürgerdialogformate eingeführt worden. Bollmanns Bewertung: „Mein Aufsichtsratsmandat habe ich im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner sowie letztendlich auch im Sinne des Unternehmens genutzt.“

Das könne er an folgenden Maßnahmen, die im Austausch mit der AGR entstanden seien, verdeutlichen:

– Verlagerung der Schlackentransporte auf eine Nord- und eine Südroute.
– Sensibilisierungsmaßnahmen für LKW-Fahrer zur Geschwindigkeitsreduktion.
– Plakatkampagne und Geschwindigkeitsdisplays zur Geschwindigkeitsreduktion.
– Beschwerdemanagement für Anwohnerinnen und Anwohner.

Die AGR habe zugesagt, den „begonnen Pfad der Kommunikation mit dem Umfeld nun wieder aufzunehmen und zu verstetigen“. Das mache ihn – zusammen mit dem geplanten Dialog mit der Politik – optimistisch, dass sich die Diskussionslage „beruhige“.

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Insbesondere öffentlich-rechtliche Unternehmen wie die AGR, die in sensiblen Bereichen der Infrastruktur tätig seien, sollten zuallererst ein ureigenstes Interesse an einem partnerschaftlichen Umgang mit der Öffentlichkeit und dem direkten Deponie-Umfeld haben. Das sei auch im Sinne der Suche nach neuen Deponiestandorten und damit letztendlich der Entsorgungssicherheit der Region. „Ein konstruktives Miteinander von AGR sowie Anwohnerinnen und Anwohnern der ZDE ist daher notwendig und möglich“, so Bollmann.

Bei der Genehmigung eines neues Deponiestandorts in NRW liege die Verantwortung beim Land. „Dies den Kommunen zu überlassen, ist nichts weiter als das Wegducken vor Verantwortung, verunsichert Anwohnerinnen und Anwohner und ist fatal für die Entsorgungssicherheit“, erklärt der SPD-Politiker.

>>> Künstliche Mineralfasern: Verdichtung nicht vor 2024

Die bei der Bezirksregierung Münster beantragte Versuchsdauer für die Anlage zur Verdichtung von Künstlichen Mineralfasern (KMF) sei ab Inbetriebnahme der Anlage drei Jahre, erklärt AGR-Sprecher Markus Jablonski auf Anfrage.

Im Regelfall dauere die Bearbeitung solcher Anträge in Münster zwischen drei bis sechs Monate. Insofern sei mit einem Start des Versuchs in der ersten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.