Herne. Die Mängelliste ist keine drei Jahre nach Eröffnung des Zentralen Betriebshofs in Herne lang. Was Mitarbeiter kritisieren, was die Stadt sagt.
Die Überschrift der von der Verdi-Betriebsgruppe stadtintern veröffentlichten Flugschrift „Drucksache“ hat es in sich. „Schrottimmobilie?“ steht da. In der Verwaltung arbeitende Gewerkschafter schlagen Alarm aufgrund der Bedingungen auf dem erst 2020 eröffneten Zentralen Betriebshof (ZBH). Eine angeführte Mängelliste reicht von fehlenden Waschmöglichkeiten und Räumlichkeiten über einsturzgefährdete Carports bis hin zum Gestank „wie in einem Pumakäfig“.
Dabei waren knapp 200 Mitarbeitenden der Fachbereiche Tiefbau und Stadtgrün kurz vor der Inbetriebnahme moderne Arbeitsplätze und höchste Funktionalität versprochen worden. Bauherrin war die Stadttochter Entsorgung Herne, die die 12 Millionen Euro teure Einrichtung an der Holsterhauser Meesmannstraße in direkter Nachbarschaft zum Wertstoffhof für 18 Jahre an die Stadt vermietet hat. Zur Einweihung am 3. August 2020 lobte auch Oberbürgermeister Frank Dudda die „zeitgemäßen Arbeitsplätze“ und betonte, dass dieser Bau zum modernen Erscheinungsbild Hernes beitrage.
Carport gesperrt, Waschmöglichkeiten fehlen, die Heizung „spinnt“
Die Realität sieht offenbar ganz anders aus: Schon lange vor der Verdi-Betriebsgruppe hat der Gesamtpersonalrat der Stadtverwaltung intern regelmäßig auf unhaltbare Bedingungen in dem Neubau hingewiesen. In seinem jüngsten Jahresbericht (er liegt der WAZ vor) sprach der Personalrat im November 2022 von einer „unendlichen Geschichte“ und warf den städtischen Verantwortlichen vor, zahlreiche eklatante Missstände auch nach mehr als zwei Jahren nicht beseitigt zu haben. An dieser Kritik hat sich offenbar auch ein knappes halbes Jahr später wenig geändert. „Was muss eigentlich passieren, damit endlich etwas passiert?“, fragt die von Stadtmitarbeitenden gebildete Verdi-Betriebsgruppe in ihrer aktuellen „Drucksache“.
Einige Auszüge aus der Mängelliste der stadtinternen Gewerkschaftsgruppe, der auch Mitglieder des Personalrats angehören:
– Ein Drittel des Carports auf dem Betriebshof weise Risse auf und sei wegen akuter Einsturzgefahr gesperrt worden.
– Es gebe keine funktionierende Wasserzapfstelle auf dem Hof, keine Hochdruckreiniger, keine Möglichkeit, die Ladeflächen zu reinigen.
– Als Pförtnerhäuschen zur Unterbringung von zwei Mitarbeitenden dienten seit Inbetriebnahme zwei Container.
– In den Sanitärräumen (Duschen und Umkleiden) gebe es keine zu öffnenden Fenster. Die Lüftungsanlage sei störanfällig und reiche offensichtlich nicht aus, um einen ausreichenden Luftwechsel zu gewährleisten.
– Eine Stiefelwaschanlage sei nicht vorhanden; die Mitarbeitenden müssen mit ihren schlammigen und nicht selten mit Hundekot verschmutzten Arbeitsschuhen in den Hygienebereich der Umkleiden.
– Es stehe keine Waschmaschine zur Verfügung zur Reinigung der verschmutzten Arbeitskleidung (die Kleidung werde einmal wöchentlich von einer Wäscherei der Wewole abgeholt).
– Im Verwaltungsgebäude „spinne“ die Heizungsregelung häufig; selbst im Sommer werde teilweise geheizt.
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Die Verdi-Betriebsgruppe übt aber auch grundsätzliche Kritik an dem für den Neubau gewählten Modell: Die Kombination aus Bauherr/Vermieter Entsorgung Herne, Betreiber städtisches Gebäudemanagement und Mieter Stadtgrün „führt offensichtlich zum Stillstand bei der Mängelbeseitigung, bzw. der Durchsetzung von nötigen Nachbesserungen“, heißt es.
Die Stadt weist das auf Anfrage der WAZ zurück und übt zunächst mal Kritik am Vorgehen der Betriebsgruppe: „Da sowohl die Verwaltungsführung als auch der Fachbereich Stadtgrün in regelmäßigen Gesprächen mit dem Personalrat über den Zentralen Betriebshof redet, ist die ,Drucksache’ zur Lösung wenig hilfreich noch bringt sie neue Erkenntnisse“, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken.
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Die ebenfalls von der Verdi-Betriebsgruppe geäußerte Befürchtung, dass der ZBH in Kürze durch den Umzug weiterer Mitarbeitender von anderen Standorten zu klein werde, kann die Stadt ebenfalls nicht nachvollziehen. Zurzeit seien an der Meesmannstraße rund 160 Beschäftigte angesiedelt, davon 60 in Büros. Und zu den Mängeln: Inzwischen behoben sei die Störanfälligkeit nach Inbetriebnahme der Umkleideräume. Probleme (und Gerüche) entstünden jedoch dadurch, dass Lüftungsschlitze immer wieder von Mitarbeitenden verstopft würden.
Weitere beklagte Mängeln will bzw. kann die Stadt nicht entkräften. So seien die Wasserzapfstelle und der Waschplatz noch nie in Betrieb gewesen: „Hier handelt es sich um einen Baumangel“, so Stadtsprecher Hüsken. In einem Beweissicherungsverfahrens werde nach der Ursache gesucht. Der Verursacher muss dann gegebenenfalls über seine Versicherung den Schaden beheben. „Gleiches trifft auf den vor circa drei Wochen aufgetretenen Schaden am mittleren Carport zu.“ Die Pläne für die Pförtnerloge und das Radhaus lägen zwar seit geraumer Zeit vor, die Entwürfe seien jedoch „finanziell nicht darstellbar“, so dass zurzeit an einer kostengünstigere Variante gearbeitet werde.