Herne. War das umstrittene Besetzungsverfahren für das Sozialdezernat in Herne richtig oder falsch? Dazu ein Pro & Contra aus der WAZ-Lokalredaktion.
Stephanie Jordan (43) ist am Dienstag, 7. März, in Herne zur neuen Sozialdezernentin gewählt worden. Über das Besetzungsverfahren wurde in der Politik gestritten. War das Verfahren so richtig? Ja, sagt WAZ-Redakteur Michael Muscheid. Nein, sagt WAZ-Redakteur Lars-Oliver Christoph. Dazu ein Pro & Contra.
Pro: An dem Verfahren ist nichts auszusetzen
Ist Stephanie Jordan die allerbeste Besetzung für das Dezernat? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Der Punkt ist: SPD und Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) haben ihre Wunschkandidatin für den Posten der neuen Sozialdezernentin durchgesetzt. An dem Verfahren ist nichts auszusetzen: Die Sozialdemokraten hatten in der rot-schwarzen Ratskoalition das Vorschlagsrecht für den Job, und sie haben sich für eine interne Lösung ausgesprochen. Das ist legitim. Die Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin Jordan, seit Jahren in der Herner Verwaltung tätig, ist in der SPD bestens bekannt. Die Fraktion, ja die gesamte Ratskoalition wusste also, wie die bisherige Jugendamtsleiterin arbeitet, führt und liefert. Damit hat sie offensichtlich überzeugt. Nicht anders ist es zu werten, dass sie auch nach Ausschreibung und Vorstellungsgesprächen das Rennen gemacht hat.
Dass die Grünen gerne selbst das Vorschlagsrecht für den neuen Dezernatsposten gehabt hätten, ist verständlich. In einigen anderen Städten wird der größten Oppositionspartei dieses Privileg zugestanden. Ein Gesetz ist das deshalb noch lange nicht, nicht mal ein ungeschriebenes. Rot-Schwarz versteht sich als Stadtregierung mit Oberbürgermeister Frank Dudda an der Spitze. Dass die Ratskoalition ihre Minister, also Dezernenten, selbst aussucht, kann man ihr deshalb nicht vorwerfen.
Contra: Ausschreibung konnte nicht zu Bestenauslese führen
Ist Stephanie Jordan die allerbeste Besetzung für das Dezernat? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Der Punkt ist: Man wird es niemals erfahren – so wie bei einigen vorherigen Wahlen für den Verwaltungsvorstand auch nicht. Denn durch die hier offenbar erfolgte, aber leider nicht unübliche Vorfestlegung auf eine Person konnte die Ausschreibung nicht zu einer Bestenauslese führen, weil potenziell geeignete externe Kandidatinnen und Kandidaten sich ein programmiertes Scheitern natürlich nicht antun wollen.
Auch wenn die SPD in der Ratskooperation formal das Vorschlagsrecht hat, so spricht einiges dafür, dass sich hier (einmal mehr) der OB durchgesetzt hat mit seiner Wunschkandidatin. Die SPD-Fraktion hat sich nach Angaben ihres Vorsitzenden am Ende einstimmig hinter Jordan gestellt. Es sollen unter Genossinnen und Genossen zwischenzeitlich aber auch Zweifel an ihrer Eignung laut geworden sein, so war aus Fraktionskreisen zu hören.
Jenseits dieser Wahl bleibt festzuhalten: Es wäre gute demokratische Praxis, wenn auch den Grünen als größter Oppositionspartei ein Vorschlagsrecht für eine Stelle im Verwaltungsvorstand eingeräumt würde. In der besten aller Welten würde Parteipolitik jedoch überhaupt keine Rolle mehr spielen und es würde allein darum gehen, ohne Geschacher und in offenen Verfahren die qualifiziertesten Kräfte für Führungspositionen in der Verwaltung zu rekrutieren. Eine Illusion? Man wird ja noch mal träumen dürfen.