Herne. Die Gastronomie befindet sich seit drei Jahren im Dauer-Krisenmodus. Der Herner Milan Kajtaz schildert, vor welchen Problemen er steht.
In wenigen Tagen, ab 1. Februar, dreht sich wieder das beliebte Menükarussell. Auch Milan Kajtaz ist mit seinem Restaurant im Eickeler Park dabei. „Läuft gut“, sagt der Gastronom mit Blick auf die Reservierungen. Und doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kajtaz, wie die gesamte Branche, seit drei Jahren im Krisenmodus steckt - und ein Ende schwer absehbar ist.
Corona war für die Gastronomie ein Schock. Lockdown - von einem Tag auf den anderen stürzte das Geschäft ab, viele halfen sich mit Lieferservice mehr schlecht als recht. Kajtaz traf die Pandemie zu einem für ihn besonders ungünstigen Zeitpunkt. Denn er war gerade dabei, einen sechsstelligen Betrag in eine Überdachung der Terrasse zu investieren, um die Freiluftsaison zu verlängern. Und plötzlich gab es keine Einnahmen mehr...
Bei der Frage, ob er jemals daran gedacht habe aufzuhören, muss er lachen. „Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich eigentlich aufhören muss“, sagt der heute 66-Jährige. Aber er wolle das Restaurant nicht mit Schulden an die nächste Generation übergeben.
Hohe Preise sorgen für große Unsicherheit
Wie die meisten anderen Gastronomen hatte er darauf gehofft, dass sich die Lage 2022 wieder normalisiert, doch dann brach der Krieg aus und die Inflation stieg in ungeahnte Höhen - damit stieg auch die große Unsicherheit. „Das Geschäft ist sehr schwierig zu kalkulieren“, sagt Kajtaz und nennt ein Beispiel. Der Einkaufspreis für Lachs sei so hoch gewesen, dass er ihn zeitweise gar nicht mehr angeboten habe. „Irgendwann können die Gäste die Preise nicht mehr bezahlen. Die hohen Preise können uns kaputt machen. Von den wenigen Menschen, die die Preise noch zahlen können, können wir nicht leben.“ Er fürchtet, dass eine Reihe von Restaurants im mittleren Preissegment mittelfristig nicht überleben werden.
Dabei sprechen die Zahlen vordergründig eine andere Sprache: Im gesamten Gastgewerbe sind die Umsätze inflationsbereinigt im vergangenen Jahr um 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, hat das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen mitgeteilt. Der Jahresumsatz der Branche liege nur noch knapp hinter dem von 2019. Im Restaurant im Eickeler Park sieht die Lage dann so aus: Der Dezember sei sogar schwächer gewesen als vor Corona. Jede Menge Firmenfeiern seien weggefallen, die Grippewelle habe ebenfalls einen Teil beigetragen. „Die Kollegen haben die gleichen Probleme“, erzählt Kajtaz. Zahlreiche andere Gastronomen in Wanne und Herne kommen wie er aus dem ehemaligen Jugoslawien, man kennt sich, man schätzt sich, man tauscht sich aus.
Trotz aller Probleme: Milan Kajtaz tut regelmäßig Gutes
Zu den Problemen zählt auch das Thema Personal: Kajtaz schmiedet seit einiger Zeit den Plan, Frühstück anzubieten - und hat ihn wegen des fehlenden Personals immer wieder verschieben müssen. Auf der Internetseite finden sich drei Stellenangebote. Da erstaunt es, dass er zwei Koch-Azubis gefunden hat.
Trotz all der Unsicherheit: Milan Kajtaz tut weiter Gutes für andere Menschen. Im Sommer 2021 hatte er begonnen, in Kooperation mit der Vincenz-Konferenz und der Caritas jeden Mittwoch für Bedürftige zu kochen. Das hat er bis jetzt beibehalten. Und Ende vergangenen Jahres organisierte Kajtaz einen Salsa-Abend. Rund 120 Gäste kamen, um sich bei Essen und Musik zu amüsieren, Kajtaz selbst stiftete das Essen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Das Herner Ruhrwerk konnte 3250 Euro in Empfang nehmen, um damit schulbegleitende Bewegungs- und Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungseinschränkungen oder Fluchterfahrungen zu finanzieren.