Herne. Warum Lützerath prominente Herner Grüne umtreibt und weshalb ein CDU-Bundespolitiker sich „mehr SPD in Berlin“ wünscht - der Wochenrückblick.
Wird Lützerath zum Problem für die Grünen? Im Herner Kreisverband habe die Debatte über den Braunkohle-Abbau und den Deal der Grünen mit RWE bisher keine große Rolle gespielt, signalisiert Co-Vorsitzender Stefan Kuczera gegenüber der WAZ. Er führt dies auch darauf zurück, dass es sich nicht um ein kommunalpolitisches Thema handele und dass sich Mitglieder der „Errungenschaften“ des von den Grünen ausgehandelten Kompromisses – Vorziehen des Kohle-Ausstiegs auf 2030 – durchaus bewusst seien. Das sehen aber offenbar nicht alle Grünen in Herne so. Dem bundesweit von Teilen der Grünen-Basis initiierten offenen Brief gegen die Räumung von Lützerath („Grüne Grundwerte nicht verraten: Lützerath muss bleiben“) haben bisher weit über 2000 Mitglieder unterzeichnet, darunter auch fünf Hernerinnen und Herner.
Das ist gemessen an einer Zahl von etwas über 150 Mitgliedern in Herne nicht die Welt, aber drei der fünf Namen lassen aufhorchen: Mit Jacob Liedtke und - für viele überraschend - Fabian May haben zwei Grüne unterschrieben, die bei den Wahlen in Bund und Land als Direktkandidaten angetreten waren. Und Mitunterzeichner Justus Lichau ist nicht nur ein (aufstrebender) Ratsherr, sondern auch Co-Vorsitzender der Grünen Jugend. Jacob Liedtke nahm sogar am vergangenen Samstag an der Demo in Lützerath teil. Anschließend ließ er auf Facebook durchblicken, wie sehr ihn die Rolle der Grünen umtreibt: „Ich wusste nicht mehr so recht, wohin mit meinem Frust und den ganzen Ambivalenzen, die meine Parteimitgliedschaft mit sich bringt. Es war mir deshalb ein großes Bedürfnis, heute auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.“ Die Ambivalenzen seien nach wie vor da, so der 34-Jährige, doch nach der Demo habe „der Frust wieder etwas Platz für Hoffnung gemacht“.
Schlammschlacht mit (kleinem) Happy End
Auch der Herner Linken-Vorsitzende Patrick Gawliczek (30) hat am Samstag in Lützerath demonstriert und dort zufällig auch Jacob Liedtke getroffen. Unterschiedliches Parteibuch, das gleiche Problem: Die Schuhe der beiden Demonstranten waren nach der Schlammschlacht (fast) nicht mehr als solche zu erkennen, wie Fotos zeigen. Das Ziel „Lützi bleibt“ ist bei dem Protest bekanntlich (erwartungsgemäß) verfehlt worden, doch einen klitzekleinen persönlichen Erfolg konnte Gawliczek immerhin für sich verbuchen: Reinigung geglückt - die Schuhe konnten gerettet werden.
Versteckter Gewinner
In seiner Videobotschaft beim Jahresempfang der CDU-Ratsfraktion versäumte der Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak es nicht, seinem Ex-Wahlkreis ein großes Lob zu zollen. Herne sei ein „Hidden Champion“ (wörtlich übersetzt: versteckter Gewinner) unter den deutschen Städten, so der NRW-Generalsekretär der Union. Dazu trage - natürlich - die Arbeit der Herner CDU bei, so Ziemiak, aber auch Ratskooperationspartner SPD habe daran einen Anteil: „Manchmal würde ich mir in Berlin mehr ,SPD Herne’ wünschen.“
+++ Lesen Sie auch: Weitere Folgen des Herner Politgeflüsters +++
Zu Fuß und per Rad: Grüne und SPD machen in Herne Kilometer
Frostig im Rathaus: OB Dudda hüllt sich in der Sitzung in eine Decke
Ex-Bürgermeister im Knast, SPD-Chef im Dauerbetrieb