Herne. Bestseller, Zufallstreffer und eine Nobelpreisträgerin: Was das Herner Literaturhaus beim „Bücherwinter“ an Neuerscheinungen empfiehlt.

Zwei Winter ohne vorweihnachtliche Büchertipps: Wie sehr die Literaturhaus-Gemeinde das Ritual im Advent vermisst hat, zeigte am Mittwochabend der Andrang in der Alten Druckerei, wo Elisabeth Röttsches und Verena Geiger 29 Bücher im unterhaltsamen Schnelldurchlauf vorstellten.

Seit Wochen ausverkauft, folgte der „Bücherwinter“ dem bewährten Muster. Einen Stapel mit Romanen, Sachbüchern, Krimis und Kinderbüchern galt es kurz und knackig abzuarbeiten. Die Auswahl zu treffen, sei nicht leicht gewesen, räumte Buchhändlerin Elisabeth Röttsches ein. „Wir hätten noch einmal 20 oder 30 Bücher präsentieren können.“

Herner Bücherwinter: Roman-Empfehlungen

Der frisch gekürten Nobelpreisträgerin Annie Ernaux gebührte Platz 1 der Liste. „Die Scham“, „Das andere Mädchen“ oder „Das Ereignis“ seien Titel, die sich schon heute einer großen Leserschaft erfreuten. Wiederkehrendes Thema der Autorin sei ihr schwieriger Aufstieg aus einer nordfranzösischen Arbeiterfamilie in das Pariser Bürgertum. Biografische Bezüge sind auch bei Ian McEwan auszumachen, einem der Lieblingsautoren von Elisabeth Röttsches. Er schildert in „Lektionen“ das wechselvolle Leben des gleichaltrigen Protagonisten Roland Baines auf dem Hintergrund zeitgeschichtlicher Ereignisse wie dem Mauerfall und Tschernobyl. Nicht mehr losgelassen haben die Literaturhaus-Chefin auch die Reisegeschichten von Elke Heidenreich. „Ihr glücklichen Augen“ zeichne liebevoll Begegnungen und Erlebnisse in Paris, Moskau oder Neuseeland nach. Robert Menasses „Die Erweiterung“ und „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus gehörten ebenfalls zu Röttsches‘ Empfehlungen.

Die vorgestellten Bücher konnten anschließend gekauft werden.
Die vorgestellten Bücher konnten anschließend gekauft werden. © Krüger

Vielfältig auch das Spektrum von Verena Geiger. Als „Mischung aus Elena Ferrante und ,Der Pate‘“ hatte es ihr „Die Familie“ von Naomi Krupitsky angetan. An den „Gesang der Flusskrebse“ habe sie das „Das Leuchten der Rentiere“ erinnert. Ann-Hélen Laestadius entführe mit ihrer spannenden Geschichte in die Lebenswelt der rassistisch diskriminierten Samen am Polarkreis. So zufällig wie dieses Buch habe sie auch Gudrun Skretting entdeckt. „Vilma zählt die Liebe rückwärts“. „Leicht bekloppt und unheimlich herzerwärmend“, so ihr Urteil über die Geschichte eines verstorbenen Vaters, der seiner unbekannten Tochter 24 Briefe hinterlässt. Weitere Tipps: Karine Tuils spannender Gesellschaftsroman „Diese eine Entscheidung“ über eine Pariser Terrorbekämpferin, Mariana Lekys Kolumnen „Kummer aller Art“ und – für Pferdefreunde – Karen Duves „Sisi“.

Herner Bücherwinter: Krimi-Empfehlungen

Gleich zwei Schirachs stellte Elisabeth Röttsches in der Sparte Krimi vor: den „Meister der Kurzgeschichte“ Ferdinand von Schirach, der auf zehn Seiten einen ganzen Film ablaufen lasse – so auch in „Nachmittage“. Norris von Schirach, der noch nicht ganz so bekannte Bruder, habe ihr mit „Beutezeit“ ebenfalls gefallen: ein „Wirtschaftskrimi par excellence“. Schauplatz ist Kasachstan. Einen Schwedenkrimi der „allerbesten klassischen Sorte“ brachte Verena Geiger mit. „Was ans Licht kommt“ von Christoffer Carlsson – lange auf den Krimibestseller-Listen – rollt in der Rückblende eine Serie von Frauenmorden auf. Sechs Morde hat auch Grace in „How to kill your familiy“ begangen. Bella Mackies Täterin rächt sich so an der Familie ihres Vaters. „Bitterböse und herrlich erzählt“, so Geiger.

>>>WEITERE INFOS: Weihnachtsbücher für Kinder

  • Das aktuelle Weltgeschehen spiegeln drei Sachbücher: „Himmel über Charkiw“ des ukrainischen Autors Serhij Zhadan und „Iran. Die Freiheit ist weiblich“ von Golineh Atai, außerdem „Mein wütendes Land“ von Evan Osnos über die USA.
  • Zwei Weihnachtsbücher für Kinder: Joseph von Eichendorffs Poesie und „Wunderbare Weihnachtszeit“ von Almud Kunert. Ein Buch zum Abtauchen, Anfassen und Aufklappen: „Der große Gatsby“, illustriert von Robert Nippoldt.