Herne. Der Lehrermangel reißt in Herne nicht ab. Vor allem die Situation an Grundschulen verschärft sich. Aktuelle Zahlen zur Lage an allen Schulen.
Es fehlen zahlreiche Lehrkräfte an den Grund- und Förderschulen in Herne. Die Lage hat sich auch in diesem Jahr nicht verbessert, wie aktuelle Zahlen der Landesregierung belegen, die zum Stichtag 4. Januar 2022 erhoben und kürzlich veröffentlicht wurden. Und die Lage an den Grundschulen werde sich in den kommenden Jahren noch dramatisch verschlechtern, prophezeit Hernes Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini.
Die nackten Zahlen zeigen: Nur fünf von 22 Grundschulen in Herne erfüllen zum Stichtag der Erhebung die sogenannte Personalausstattungsquote von 100 Prozent bzw. liegen leicht darüber. Alle anderen liegen darunter, die Mehrzahl irgendwo zwischen 85 und 95 Prozent. Dabei sei die eigentlich zur Verfügung stehende Zahl an Lehrkräften noch geringer, denn Ausfälle durch Schwangerschaften, Mutterschutz und auch Langzeiterkrankte würden bei der Quote nicht berücksichtigt, erläutert Andrea Christoph-Martini.
Drei Grundschulen in Herne besonders schlecht besetzt
Dabei gilt: „90 Prozent Personalausstattungsquote ist noch abzufangen ohne Auswirkung auf die Stundentafel“, sagt die Schulamtsdirektorin. „Ab 87 Prozent wird es schwieriger.“ Das betrifft, geht man nach den Zahlen der Landesregierung, in erster Linie die Kolibrischule mit einer Quote von 85 Prozent. Auch die Josef- und die Max-Wiethoff-Schule dürften es mit 88 bzw. 89 Prozent sehr schwierig haben. Besonders zu Corona-Zeiten sei die Situation mit Blick auf schwangere Kolleginnen zusätzlich erschwert, betont Christoph-Martini. Inwieweit Ausfälle vor Ort kompensiert werden könnten hänge aber auch von der Größe der Schule und einhergehend der Anzahl der Lehrer ab.
„Ich sehe nicht, dass wir in Herne in absehbarer Zeit die Klassengröße verkleinern können, was wir uns so sehr wünschen würden“, bedauert Christoph-Martini. Dabei ist das Problem des Lehrkräftemangels an den Grundschulen keines, das nur Herne betrifft, wie die Zahlen der Landesregierung bestätigen. Die Ursache des Lehrermangels in diesem Bereich sieht die Schulamtsdirektorin zum einen in der schlechteren Bezahlung als an den weiterführenden Schulen aber auch an der Veränderung der Arbeit an den Grundschulen. „Die Bedingungen an den Grundschulen haben sich geändert“, sagt sie. „Wir haben einen höheren Anteil an Inklusion, Integration, wir gehen Richtung rhythmisierten Ganztag.“
Lage an Herner Gymnasien laut Statistik besser
Doch es gibt auch erfreuliche Zahlen für Herne: Zumindest auf dem Papier ist die Personalausstattungsquote an den fünf Herner Gymnasien gut und liegt bei allen Schulen knapp über oder unter 100 Prozent. Zu beachten ist allerdings auch hier, dass Ausfälle aufgrund von Schwangerschaften und Mutterschutz sowie Langzeitkranke nicht erfasst werden. Außerdem weist die Landesregierung darauf hin, dass alle sich noch in Bearbeitung befindlichen Vorgänge, wie zum Beispiel Neueinstellungen, Pensionierungen, Beginn oder Beendigung von Erziehungsurlaub, Elternzeit, Altersteilzeit oder Beurlaubungen bei der stichtagsbezogenen Abfrage nicht berücksichtigt werden könnten.
Mitte Januar, also etwa zum Zeitpunkt der Erhebung, hatte Nicole Nowak, Leiterin des Haranni-Gymnasiums noch gesagt, dass sie derzeit allein neun Ausfälle durch Schwangerschaften sowie zwei bis drei Langzeiterkrankte habe. „Wir schaffen es aber nur über angeordnete Mehrarbeit, den Ausfall vieler Kollegen zu kompensieren“, sagte die Sprecherin der Herner Gymnasien zum Thema Unterrichtsausfälle.
Herner Berufskollegs besonders gut ausgestattet
Auch bei den Real- und Gesamtschulen und der einzigen Hauptschule liegt die Quote nicht unter 97 Prozent oder besser. Bei den beiden Berufskollegs Emschertal und Mulvany ist die Lage mit mehr als 100 Prozent hingegen komfortabel. Wobei die Landesregierung erläutert, dass eine zu hohe Personalausstattung an einzelnen Schulen nicht automatisch eine Überversorgung dieser Schule bedeute.
Eine Überversorgung ist an den Grundschulen nicht das Problem. Im Gegenteil: „Nächstes Jahr ist es im Grundschulbereich schon richtig knapp, da kann ich nicht sagen, ob wir es schaffen, die Stundentafel voll umfänglich abzubilden“, prognostiziert Christoph-Martini. „Schwierig wird es für uns definitiv im Schuljahr 2023/24.“ Für zusätzliche Klassen und den Aufbau neuer Schulen müssten zudem neue Lehrkräfte gefunden werden. Es sei herausfordernd, sagt die Schulamtsdirektorin: „Wir steuern auf sehr unruhige Zeiten zu.“
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Momentaufnahme
- SchIPS ist das zentrale Schulinformations- und Planungssystem für die Schulaufsicht in NRW. Die veröffentlichten Zahlen entstammen dem System.
- Die Landesregierung weist darauf hin, dass es sich um eine stichtagsbezogene Momentaufnahme handelt und die Unterrichtsversorgung einzelner Schulen daher nicht immer vollständig abgebildet werden kann.
- Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass den Schulen landesweit zusätzliches Personal zur Verfügung steht, das in SchIPS nicht erfasst wurde. Hierzu zählen beispielsweise, die Vertretungsreserve Grundschule, Lehrkräfte für den herkunftssprachlichen Unterricht oder Schulpsychologen. Obwohl diese Stellen nicht bei der Personalausstattung der einzelnen Schule verbucht wurden, verbessere es deren personelle Situation, so die Landesregierung.