Herne. Die katholischen Kirchen in Herne haben ein Schutzkonzept gegen sexuellen Missbrauch entwickelt. Es wird eine zusätzliche Stelle geschaffen.
Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche ziehen immer größere Kreise, mittlerweile ist auch der emeritierte Papst Benedikt durch eine Falschaussage in den Münchener Missbrauchskandal involviert. Damit diese Fälle von sexuellem Missbrauch in den kirchlichen Einrichtungen endlich ein Ende finden, haben nun die katholischen Kirchen vor Ort ein Schutzkonzept entwickelt. Mit diesem sogenannten Institutionellen Schutzkonzept (ISK) sollen durch präventive Arbeit Kinder, Jugendliche und schutzbedürftige Erwachsene geschützt werden.
Hauptamtliche und Ehrenamtliche aus den vier großen Pfarreien in Herne, Wanne-Eickel und Castrop-Rauxel hätten Anfang 2019 mit der Erarbeitung des Konzepts begonnen, sagt Rebecca Goeke, Dekanatsreferentin für Jugend und Familie im Dekanat Emschertal. Das Konzept gebe den Rahmen für klare Regeln, Transparenz und Sicherheit vor.
Herner Schutzkonzept: Sexualisierte Gewalt ist kein Tabuthema in der Kirche
Als Dach über dem gesamten Konzept stehe die Kultur der Achtsamkeit. Darunter gibt es verschiedene Themenbereiche: So werde bereits bei der Einstellung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Thema angesprochen. Es gehe nicht nur darum, sich durch ein Führungszeugnis abzusichern, sondern auch gezielt nach Verhaltensweisen in konkreten Situationen zu fragen. „Ein Gespräch mit den Mitarbeitenden über den Verhaltenskodex und das Beschwerdemanagement verdeutlicht, dass sexualisierte Gewalt kein Tabuthema in der Kirche ist“, heißt es in dem Schutzkonzept.
Zudem werde ein erweitertes Führungszeugnis eingefordert, das mindestens nach fünf Jahren erneut vorgelegt werden müsse. Darüber hinaus sollen Fort- und Weiterbildungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Thema sensibilisieren.
Herner ist Präventionsfachkraft in den Gemeinden
Ein wichtiger Bestandteil der neuen Konzepts: eine Präventionsfachkraft. Diese Stelle übernimmt Heinz Otlips, ehemaliger Dekanatsreferent. „Ich bin dann nicht der Detektiv vor Ort“, stellt er klar. Vielmehr nehme er Beschwerden entgegen und stehe als Ansprechpartner für die verschiedenen Gruppen der Kirchen und für Betroffene zur Verfügung. Diese könne er dann an die entsprechenden Stellen weiterleiten. Die Kosten für die neue Stelle übernehmen die vier Gemeinden.
Das Schutzkonzept werde wahrscheinlich nie ganz fertig sein, sagt Goeke. Denn es gebe eine stetige Evaluierung. „Das sind jetzt die ersten Schritte.“ Und auch Otlips bezeichnet seine neue Tätigkeit als „Daueraufgabe über viele Jahre“.
Seit der Missbrauchskrise 2010 liege der Fokus verstärkt auf dem Thema, sagt Pfarrer Georg Birwer, Leiter der Gemeinde St. Dionysius in Herne. „Selbstverständlich gibt es auch bereits jetzt Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Birwer. Nun gebe es ein klares Regelwerk, was zu tun sei, wenn ein problematisches Verhalten festgestellt werde. Pfarrer Ludger Plümpe ergänzt: „Das Konzept ist ein glaubwürdiges Zeichen nach außen, dass wir uns als Kirche fragen, wie wir Menschen behandeln und aus welcher Haltung heraus Förderungen bei uns stattfinden.“
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Strukturelle und organisatorische Risikofaktoren
Laut Dekanat habe eine Studie aufgezeigt, dass es neben personellen Faktoren auch strukturelle und organisatorische Risikofaktoren gebe, die Missbrauch in Einrichtungen und Gruppierungen begünstigten.
Unter einem institutionellen Schutzkonzept seien die systematischen Bemühungen eines Trägers zu verstehen, die verschiedenen Maßnahmen zur Prävention von sexualisierter Gewalt in Beziehung zueinander zu bringen. Jeder kirchliche Rechtsträger werde in die Pflicht genommen, ein solches Konzept zu erstellen und das Thema somit zum dauerhaften, integralen Bestandteil der alltäglichen Arbeit zu machen.