Herne. Die Plattform Lieferando ist seit der Pandemie beliebter denn je. Wie stehen Herner Gastronomen zu dem Geschäftsmodell? Werden sie ausgebeutet?
Bereits vor der Pandemie erfreuten sich Lieferdienste immer größerer Beliebtheit. Bequem auf der Couch sitzen, durch eine App scrollen, bestellen und schon wird das Essen geliefert – so einfach kann das Leben sein. Mit Corona kam dem Marktführer Lieferando noch eine größere Bedeutung zu. Doch wie steht es eigentlich um die Bedingungen für teilnehmende Gastronomen? Immer wieder ist zu hören, dass die Gastronomen regelrechte Knebelverträge unterschreiben, um auf der Plattform gelistet zu werden. Die WAZ Herne hat sich bei lokalen Restaurantbetreibern umgehört.
„Wir haben das über die Corona-Phase gemacht“, erklärt Panagiotis Kalogeropoulos, Inhaber von Ouzo’s Restaurant. „Wir haben vorher gar nicht geliefert und es war für uns eine gute Unterstützung, auch um noch ein bisschen bekannter zu werden.“ Mittlerweile sei der Betrieb im Restaurant glücklicherweise wieder angelaufen. Beim Lieferdienst gelistet bleibt das Ouzo’s trotzdem. „Wir machen darüber aber nicht mehr so viel, denn unsere Gäste vor Ort haben Vorrang.“ Beides gleichzeitig zu bedienen, gehe einfach nicht. Dazu habe Panagiotis Kalogeropoulos gar nicht die Fahrer und Kapazitäten. Das Essen könne zudem bestellt und selbst abgeholt werden.
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Hat sich der Schritt für den Gastronomen gelohnt? „Wir müssen einen gewissen Prozentsatz an Lieferando abgeben – jeder will ja was verdienen – aber für uns hat es ganz gut funktioniert.“ Wie es künftig weiterginge, könne er jetzt noch nicht entscheiden.
„Lieferando verdient schon gut an allem“
Für das Team von Pan Pizza, das 2020 kurz vor dem erstem Lockdown sein Restaurant eröffnete, war der Lieferdienst die beste Chance, um sich am Markt zu etablieren. „Wir werden schneller gefunden und haben dadurch mehr Bestellungen“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Pandemie habe in der Gastronomie vieles kaputt gemacht, deshalb sei diese Plattform eine gute Möglichkeit, um Kunden zu halten und neue zu gewinnen. „Lieferando verdient schon gut an allen, die dort mitmachen“, gibt sie zu. Teilweise sei es Wucher. „Aber es ist nun mal die Plattform Nummer 1 und wenn man gut arbeitet, lohnt es sich auch für die teilnehmenden Restaurants.“
Der Service allerdings liege nach der Bestellung nicht mehr in der Hand der Gastronomen. Wenn jemand beispielsweise stornieren möchte, geht dies nicht über das Restaurant, sondern nur über Lieferando. „Wir haben da gar keinen Zugriff mehr drauf.“ Auch die Bezahlung läuft erstmal über den Dienstleister – bei den Gastronomen komme das Geld später an. Dass sich ein Dienst wie Lieferando so gut halte, liege aber nicht nur an der Pandemie, sondern auch an der Bequemlichkeit der Leute: „Wir haben Kunden, die direkt gegenüber wohnen und trotzdem über den Lieferdienst bestellen und es sich liefern lassen.“
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Dies sei auch eine Generationenfrage. Jugendliche bestellen gezielt bei Lieferdiensten, weiß Markus Galland, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Westfalen und Inhaber des Haus Galland. „Unsereins würde einfach beim Griechen um die Ecke anrufen und die Bestellung dann abholen.“ Sein Restaurant ist bei keinem Lieferdienst gelistet. „Ich habe mich da ehrlich gesagt nie groß mit befasst, kenne aber Berichte von Kollegen.“
Um bekannt zu werden, sei der Lieferdienst eine gute Sache – aber was die Preise betreffe, müsse man sich nichts vormachen: „Das was die Gastronomen an Lieferando zahlen, wird entweder auf den Preis aufgeschlagen oder die Portionen sind halt etwas kleiner, als wenn man persönlich vorbeikommt.“
>>> Verschiedene Namen je Land
- Lieferando heißt nur in Deutschland und Österreich Lieferando. Das Unternehmen „Just Eat Takeaway“ tritt in Belgien, Bulgarien, Luxemburg, Portugal und Rumänien etwa unter dem Namen takeaway.com auf.
- Das Unternehmen wurde 2000 gegründet und hieß zunächst Citymeal. Der Sitz befindet sich in den Niederlanden.