Herne. Ein Start-up ohne Gewinne für die Gründerinnen? Was hinter dem Konzept von „pack&satt“ steckt und wieso das Unternehmen Herner Wurzeln hat.
Eine innovative Idee, ein einzigartiges Produkt, großer Erfolg, gewinnbringender Verkauf: Das ist die klassische Strategie hinter Start-ups und das Ziel vieler Gründerinnen und Gründer, wenn sie ihr Produkt auf den Markt bringen. Gleichzeitig aber auch gerade das, was die Gründerinnen von „pack&satt“ nie wollten.
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Eva Maier (36), Sophie Gnest (31) und Ronja Harder (28) beschreiten einen anderen Weg. Ihr Start-up ist ein sogenanntes Purpose-Unternehmen (aus dem Englischen für Zweck, Bestimmung). Das bedeutet konkret: Gewinne können nur an das Unternehmen zurückgeführt und nicht als Boni ausgezahlt werden. „Der Sinn steht für uns vor dem Gewinn“, erklärt Ronja Harder, die in Herne lebt. Gemeinsam mit der Kölnerin Sophie Gnest entwickelte sie im Herbst 2020 während ihres Design-Studiums in Essen die Idee hinter „pack&satt“ – auf dem Studienplan stand Verpackung.
Wasser schafft unnötige Abgase beim Transport
„Wir wollten das Pfandsystem für Mehrweggläser nutzen“, sagt Sophie Gnest. „Da muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden, einige Menschen schmeißen die Gläser einfach ins Altglas, obwohl sie für den Mehrweg gedacht sind.“ Was den Inhalt der Gläser für ihr Start-up angeht, waren sich die Gründerinnen schnell im Klaren – es sollte eine Lösung für den nachhaltigen, gesunden Lifestyle her, denn „im Alltag fehlt oft die Zeit, frisch zu kochen“.
Instant, also mit Wasser aufgegossen, entsteht in den „einpott“-Gläsern, der Name ein Wortspiel aus Eintopf und dem Wort „Pott“, eine vollwertige Mahlzeit. „Das Glas als Verpackung ist ja schon recht schwer. Deswegen wollten wir Wasser im Produkt sparen, das macht auch den Transport einfacher“, sagt Ronja Harder. Klassische Produkte im Supermarkt, wie zum Beispiel Shampoo in der Flasche, bestehen zu einem Großteil aus Wasser. Das mache sie beim Transport schwerer und führe zu einem höhren Ausstoß an Abgasen.
300 Testpersonen probierten die Mahlzeiten im Glas
Die Mahlzeiten im Glas gibt es in drei Sorten: Tomate-Linse, Spinat-Kartoffel und Rote Bete-Kartoffel. Die genaue Rezeptur wurde mit viel Bereitschaft zum Experimentieren und der Hilfe von 300 Testerinnen und Testern gefunden. „Eva, Ronja und ich haben die Inhalte der Gläser in unseren Küchen in Bio-Beutel angefüllt und an die Test-Personen verschickt“, erinnert sich Sophie. Das Feedback – mehr von diesem, weniger von jenem – wurde in Kleinstarbeit umgesetzt.
Im Einzelhandel gibt es die Mahlzeiten im Glas nicht zu kaufen – noch. „Wir sind mit einigen Bioläden im Gespräch, unter anderem mit der Kornmühle hier in Herne“, sagt Ronja. In einem ersten Produktionszyklus sollen 7500 Gläser abgefüllt werden, von jeder Sorte 2500 Stück. Die Suche nach einer geeigneten Produktionsstätte gestaltete sich aber schwieriger als erwartet. „Die Kombination aus Glas-Emballage und trockenen Zutaten ist sehr ungewöhnlich, das können nicht viele Anbieter leisten“, erklärt Sophie. „Hinzu kommt die geringe Stückzahl.“
Gewinn soll in Erhalt von nährstoffreichen Böden fließen
Bei einer Inklusionswerkstatt in Berlin sind die drei Gründerinnen nach einem dreiviertel Jahr Suche schließlich fündig geworden. „Wenn alles nach Plan läuft, gehen wir Anfang Februar in die Produktion“, so Ronja. Um die Kosten dafür stemmen zu können, läuft aktuell eine Crowdfunding-Kampagne (siehe Kasten). In der Zukunft, wenn sich erste Gewinne ergeben, soll dann ganz im Sinne des Purpose-Unternehmens nach einer sinnstiftenden Verwendung gesucht werden. „Uns schwebt ein Projekt für den Erhalt von nährstoffreichen Böden vor“, sagt Sophie.
So sollen regionale Lieferanten unterstützt werden, denn aus Erfahrungen wissen die Unternehmerinnen, dass diese doch rar sind. „Bio, regional, fair – das alles findet man selten auf einmal“, so Ronja. „Aber Nachhaltigkeit heißt nicht Perfektion. Veränderung beginnt im Kleinen.“
>>> Crowdfunding-Kampagne für „pack&satt“
- Seit Mitte November sammelt das junge Unternehmen mit einer Crowdfunding-Kampagne Startkapital für die erste Produktion.
- Bislang sind rund 14.000 Euro zusammengekommen, Ziel sind 24.000 Euro. Die Kampagne läuft noch bis zum 18. Januar. Mehr Infos unter www.packundsatt.de.