Herne. Apotheker sollen künftig auch gegen Corona impfen. Die Apotheker in Herne sehen dafür keine Notwendigkeit. So begründen sie ihre Entscheidung.

Um die Corona-Pandemie einzudämmen und um das Impftempo zu beschleunigen, soll das Impfangebot deutlich ausgeweitet werden. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Bund-Länder-Konferenz Anfang Dezember verkündet. Der Beschluss sieht vor, dass künftig auch in Apotheken und Zahnarztpraxen gegen Covid-19 geimpft werden soll. Bisher fehlt jedoch noch eine entsprechende Regelung, die es beispielsweise Apothekerinnen und Apothekern ermöglicht, gegen Corona zu impfen.

In Herne bestehe dazu gar nicht die Notwendigkeit, sagt Robert Sibbel, Apotheker-Sprecher in Herne. In der Stadt gebe es genügend Impfstellen und Impfangebote, da müssten nicht auch noch die Apotheker miteinsteigen. Zudem hätten die meisten seiner Kollegen nicht die nötigen Kapazitäten – sowohl personell, als auch räumlich. Es gebe jedoch bereits einige Nachfragen von Bürgerinnen und Bürgern in seinen Apotheken in Wanne. „Das Angebot in den Apotheken wäre niederschwelliger, weil man einfach vorbeikommen könnte.“ Diejenigen, die nach Impfangeboten fragten, schicke er zu den Ärzten und der Impfstelle in der Nähe seiner Apotheken. Sibbel vermutet, dass die meisten seiner Kollegen nicht gegen Corona impfen werden. Denn nicht der Mangel an Impfstellen sei das Problem, „sondern der Mangel an Biontech-Impfstoff“.

In Herne besteht nicht die Notwendigkeit, dass auch Apotheker anfangen zu impfen, sagt Apotheker-Sprecher Robert Sibbel.
In Herne besteht nicht die Notwendigkeit, dass auch Apotheker anfangen zu impfen, sagt Apotheker-Sprecher Robert Sibbel. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Nicht genügend Impfstoff für Herner Ärzte

Das sieht auch Peter Kieselack so. Der Chef der Blauen Apotheke in Herne-Mitte beliefert mehrere Ärzte in Herne mit Impfstoff und selbst für die sei nicht genug Impfstoff vorrätig. Über 50 Prozent der geforderten Menge habe er vergangene Woche nicht ausliefern können, sagt er. Die Ärzte bekämen seit Wochen nicht die Mengen, die sie bestellen. Am Montag gäben die Ärzte ihre Bestellungen auf, erst am Mittwoch könne er ihnen Bescheid geben, ob und wie viel sie von dem gewünschten Impfstoff erhalten. „Da haben die meisten aber natürlich schon ihre Termine vereinbart. Die müssen dann wieder abgesagt werden.“ Ärzte müssen Impftermine absagen und Apotheker sollen mit ins Impfen einsteigen – „da wird das Pferd von hinten aufgezäumt“, sagt er. „Das ist idiotisch.“

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Hans-Georg Kissel, Apotheker der Flora-Apotheke in Crange, habe erst vor wenigen Tagen die Entscheidung getroffen, nicht ins Impfgeschehen miteinzusteigen. „Ich hatte bereits zwei Termine im Januar im Blick“, sagt er. Mithilfe einer Ärztin habe er an den beiden Tagen in seiner Apotheke impfen wollen. Das sei nun aber aus juristischen Gründen doch nicht möglich. Dass er die Impfungen mithilfe seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intern durchführe, komme für ihn nicht in Frage. „Meine Mitarbeiter sind bereits überlastet“, sagt Kissel. Das Kontrollieren der Impfpässe und Ausstellen der Impfzertifikate nehme zurzeit sehr viel Zeit in Anspruch und komme zum normalen Weihnachtsgeschäft hinzu. Vor wenigen Tagen habe er noch die Polizei bei sich im Haus gehabt, da ihm ein Impfpass aufgefallen und auch der Personalausweis der Person abgelaufen gewesen sei.

Herner Apotheker steht hinter Impfkampagne

Wegen des hohen Aufwands könne er sich derzeit nicht vorstellen, ins Impfen miteinzusteigen. Auch er sieht den Bedarf dafür in Herne nicht. Bereits jetzt seien 25 Prozent in Herne geboostert, bis alle juristischen Fragen geklärt seien, sei Ende Januar, „dann sind wir wahrscheinlich schon bei 40 bis 50 Prozent Boosterung“. Sollte es jedoch zu einer fünften Welle kommen, müsse er seine Entscheidung noch einmal überdenken.

Er hätte nur an Samstagen geimpft, „das hätte dann von den Räumlichkeiten besser gepasst“, so Kissel. Es müsse schließlich auch dafür gesorgt werden, dass die Geimpften 15 Minuten zur Beobachtung sitzen bleiben können. „Das wäre im Alltagsbetrieb schwierig.“ Er betont: „Ich stehe natürlich hinter der Impfkampagne und habe auch keine Sorge vor Impfgegnern vor meiner Apotheke.“

>>>Spezielle Schulung für Apotheker

Wie Zahnärztinnen und Tierärzte dürften auch Apotheker Corona-Spritzen nur verabreichen, wenn sie zuvor eine entsprechende Schulung absolviert haben. Impfen dürfen sie dann alle Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren.

Mehr als 200 Apotheken in Westfalen-Lippe sind laut Apothekerverband Westfalen-Lippe - zu dem auch Herne gehört – in der Lage, schnell an den Impfungen teilzunehmen.