Herne. Die Linken sind enttäuscht, bei den anderen Parteien herrscht meist Zufriedenheit. So haben die Parteien in Herne den Wahlabend erlebt.

Das Ergebnis der Bundestagswahl wurde von den Parteien in Herne unterschiedlich aufgenommen. Gefeiert haben aber selbst die vermeintlichen Verlierer.

SPD

„Mit diesen Zahlen war vor sechs bis acht Wochen nicht zu rechnen“, sagte Hernes SPD-Parteichef Alexander Vogt bei der Wahlparty der SPD in der Eventhalle im Revierpark Gysenberg. Angesichts des schlechten Ergebnisses für die CDU würden die Christdemokraten auch in NRW Probleme bekommen. Das gebe der SPD Schwung für die Landtagswahl im kommenden Jahr.

Für Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) ist der voraussichtlich deutliche Sieg von Michelle Müntefering ein „sehr schönes Ergebnis“. Herne habe darüber hinaus sehr gut dazu beigetragen, dass die SPD im Bund ein starkes Ergebnis erreicht habe. Für Dudda zeichnete sich gegen 20 Uhr ab, dass Olaf Scholz der Gewinner der Wahl sei und die CDU die große Verliererin. Und Verlierern sei die Regierungsbildung nicht zuzuweisen. Mit einem Kanzler Olaf Scholz sieht Dudda die Chance, dass eine Jahre alte Forderung eine Chance auf eine Realisierung habe: der Schuldenschnitt für stark verschuldete Städte – dazu gehört Herne.

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Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Bundespartei-Chef, fasste die erste Prognose in seiner gewohnt prägnanten Art zusammen: „Das ist ein schöner roter Balken und ein verheerender schwarzer Balken. Wir haben gewonnen, die haben verloren.“

CDU

„In dieser Wahl ging es nicht um Inhalte, es war eine Personenwahl“, sagte Michael Lewburg, stellvertretender Fraktionschef, der den Kreisvorsitzenden Timon Radicke bei der Wahlparty im Restaurant Kostbar vertrat. Davon, dass man mit Armin Laschet die falsche Person als Kanzlerkandidaten aufgestellt habe, will am Abend mit dem historisch schlechtesten Ergebnis der CDU niemand etwas wissen. Stattdessen richtet man demonstrativ den Blick nach vorne. „Wir werden stärker wiederkommen, und wir können stolz auf unsere CDU sein“, so Direktkandidat Bußmann.

Grüne

Gute Stimmung herrschte bei den Grünen, die im Treffpunkt Eickel feierten. „Wir konnten das Ergebnis in Herne in etwa verdoppeln“, freute sich Direktkandidat Jacob Liedtke. Er räumt allerdings auch ein: „Bundesweit hätten wir uns noch ein bisschen mehr erhofft.“ Dennoch ist er davon überzeugt, dass es bei der Regierungsbildung keinen Weg vorbei an den Grünen geben wird.

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Der Kreisvorsitzende Stefan Kuczera erhofft sich im Bund, dass das Kopf-an-Kopf-Rennen SPD-Mann Olaf Scholz gewinnt und es eine Regierung der SPD mit den Grünen und einer weiteren Partei geben wird. Den Herner Grünen-Kandidaten Liedtke spricht er einen „super persönlichen Erfolg“ zu.

AfD

Hernes AfD-Vorsitzender Guido Grützmacher ist mit dem Stimmenergebnis seiner Partei in Herne und im Wahlkreis zufrieden. Die AfD holte in etwa dasselbe Ergebnis wie 2017. „Das zeigt, dass sich unsere Ratsarbeit ausgezahlt hat“, kommentiert er gegenüber der WAZ. Die Streitereien und das Zerbrechen der Ratsfraktion hätten sich offensichtlich nicht negativ ausgewirkt, fügt er auf Nachfrage an. Eine Wahlparty gab es nicht. Besonders freue er sich über das Ergebnis der AfD im Bund und insbesondere im Osten: „In Mitteldeutschland ist man Volkspartei.“

Linke

Die Linke mussten am Abend noch zittern, ob im Bund die Fünf-Prozent-Hürde geschafft wird, in Herne fiel das Ergebnis ähnlich schwach aus. „Sehr niedergeschlagen“ zeigte sich deshalb bei der Wahlparty in der Brauerei Hülsmann der Sprecher der Herner Linken, Patrick Gawliczek, gegenüber der WAZ. „Ich finde es sehr traurig für Herne, da es eine Stadt ist, wo es viel Armut gibt und wir, wie ich finde, besonders stark gebraucht würden.“ Den „Traum von Berlin“, den er auf Listenplatz 20 in NRW geträumt hat, muss Bundestagskandidat Felix Oekentorp begraben; mit einem Direktmandat habe er aber nicht ernsthaft gerechnet. Die Laune lasse sich die Partei aber dennoch nicht verderben: „Wir haben gemeinsam gearbeitet, wir haben gemeinsam gekämpft und auch wenn das Ergebnis nicht unseren Erwartungen entspricht, wird nun auch gemeinsam gefeiert.“

FDP

Hernes FDP-Chef Thomas Bloch zeigte sich über das Abschneiden der Liberalen zufrieden: „Wir sind stabil geblieben.“ Er sagte, dass es vor Ort einen „sehr unpolitischen Wahlkampf“ gegeben habe: „Er plätscherte so vor sich hin.“ Mit dem Ergebnis der FDP im Bund ist er dagegen nicht ganz so zufrieden: „Es hätte mehr sein können.“ Seine Wunschkoalition ist jetzt die Ampel. Nach 16 Jahren Regierung unter Führung der Union sei es Zeit für einen Wechsel, so Bloch.