Herne. In Frankreich soll die Impfpflicht für Pflegekräfte eingeführt werden. Was Herner Pflegeheime davon halten und wie hoch die Impfbereitschaft ist.

Wer sich nicht gegen das Coronavirus impfen lässt, darf nicht mehr arbeiten: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat strenge Regeln für das Gesundheitspersonal angekündigt. Bis Mitte September haben in Frankreich Angestellte in Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie Arbeitskräfte mit Kontakt zu Risikopatienten Zeit, sich impfen zu lassen.

Doch ist das der einzige Weg zurück zu einem normalen Leben? Die Pflegeheime in Herne sind sich einig: Nein. Eine solche Impfpflicht und allein schon die Debatte darüber unterstelle, dass es ein Problem mit der Impfbereitschaft von Pflegekräften gebe, sagt Martin von Berswordt-Wallrabe, Sprecher des ASB. Deutlich über 90 Prozent der Pflegenden des ASB seien bereits durchgeimpft, sagt er. „Der Anteil ist wesentlich höher als in der Gesamtbevölkerung.“

Eine solch „seltsame Diskussion“ zeige wenig Wertschätzung den Pflegenden gegenüber und suggeriere, dass es ein Akzeptanzproblem gebe. Nur vereinzelte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wollten sich nicht impfen lassen. „Wir führen aber kein Buch darüber, wer sich aus welchen Gründen nicht impfen lassen will.“

Hohe Impfbereitschaft in den Herner Awo-Heimen

Allerdings habe es vor allem zu Beginn des Impfens viele Gespräche gebraucht, um aufzuklären und Sorgen zu nehmen. Die Pflegenden hätten dann aber schnell gemerkt, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen um sie herum schützen. Und auch für die Bewohnerinnen und Bewohner sei es wichtig zu wissen, dass die Pflegenden geimpft seien. „Vor allem bei Neueinzügen gibt das Sicherheit“, so Berswordt-Wallrabe.

Auch in den Pflegeheimen der Awo sei eine hohe Impfbereitschaft zu verzeichnen – sowohl bei den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch bei den Pflegekräften, sagt Sprecherin Katrin Mormann auf Nachfrage der WAZ. Dazu, wie hoch die Impfquoten genau seien, macht die Awo jedoch keine Angaben. Trotz der hohen Impfbereitschaft werde es nicht möglich sein, eine 100-prozentige Impfquote zu erreichen, so Mormann. Es gebe in den Einrichtungen naturgemäß immer Ein- und Auszüge in der Bewohnerschaft und auch Änderungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Deshalb wird es in den Seniorenzentren immer, so unsere Schätzung, 20 bis 30 Prozent der dort lebenden und arbeitenden Menschen geben, die nicht geimpft sind.“

Awo setzt auf Aufklärung und Impfangebote

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Gerade die Menschen in der Pflege seien für ihren Dienst bis an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen. „Dafür haben sie zu wenig Anerkennung bekommen und mussten immer wieder die Erfahrung machen, vergessen zu werden“, so Mormann. „Mit einer Debatte um eine Impfverpflichtung jetzt auch noch den Eindruck zu erwecken, sie müssten zum Impfen angehalten werden, schlägt in dieselbe Kerbe und lässt jede Wertschätzung für die Fachkräfte in der Pflege vermissen.“ Eine umfassende Informations- und Aufklärungsstrategie über den Impfstoff würde dagegen das überfällige Signal senden, dass sie ernst genommen werden. Die Awo spreche sich für Impfungen aus und bewerbe diese. „Wir setzen dabei auf Aufklärung und Impfangebote – das alles aber auf freiwilliger Basis.“

Zur Erinnerung: Im Dezember vergangenen Jahres gab es in den Pflegeheimen der Awo noch Vorbehalte. „Wir halten die übereilte Vorgehensweise der Landesregierung für bedenklich“, sagte damals Awo-Sprecherin Mormann zur WAZ. So gebe es zu den Nebenwirkungen des Impfstoffs noch „keine verlässlichen Antworten“. Diese benötige die Awo aber dringend, wenn vermieden werden soll, dass die Akzeptanz für die Impfungen durch „die unzureichende Kommunikation der Landesregierung“ sinke, sagte Mormann im Dezember. Schon damals lehnte der Verband eine Impfpflicht ab.

>>>Weitere Infos

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) betreibt in Herne das Willi-Pohlmann-, das Else-Drenseck- und das Grete-Fährmann-Seniorenzentrum.

Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betreibt drei Pflegeeinrichtungen und eine Wiedereingliederungshilfe. Zudem gibt es außerhalb Hernes drei Einrichtungen. Insgesamt arbeiten für den ASB in allen Bereichen circa 500 Mitarbeiter.