Herne. Das Herner Else-Drenseck-Seniorenzentrum hat am Samstag in Börnig 50. Geburtstag gefeiert. Warum dieses Fest etwas ganz Besonderes war.

Ein stolzer Tag für die Arbeiterwohlfahrt und Börnig: Am 26. Juni 1971 feierte der Wohlfahrtsverband am Standort Am Katzenbuckel die Einweihung eines großen Seniorenzentrums. Dass die Awo auf den Tag genau 50 Jahre danach mit den Bewohnern eine bunte Geburtstagsparty feiern kann, grenzt fast schon an ein Wunder – und das aus gleich zwei Gründen.

Party! Die Feier zum 50. Geburtstag des  Else-Drenseck-Zentrums fand im Außenbereich statt. Aktuell leben in der Einrichtung 126 Menschen sowie 38 Mieter im betreuten Wohnen.
Party! Die Feier zum 50. Geburtstag des Else-Drenseck-Zentrums fand im Außenbereich statt. Aktuell leben in der Einrichtung 126 Menschen sowie 38 Mieter im betreuten Wohnen. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Else, wie das inzwischen nach der früheren Awo-Geschäftsführerin in Else-Drenseck-Zentrum umgetaufte Haus liebevoll genannt wird, hat sich für das Jubiläumsfest am Samstag herausgeputzt: Bierbänke, Sonnenschirme, Imbiss- und Getränkestände und rot-weiße Luftballons laden auf dem großzügigen Außengelände zum Verweilen ein. Dass die Einrichtung so wie ganz Herne in den vergangenen 15 Monaten gegen ein tödliches Virus hat kämpfen müssen, davon zeugen nur noch ein Schnelltest-Zelt und Impfkontrollen am Eingang sowie hier und da eine Maske.

Covid-19-Infektionen, aber keine Todesfälle

„Für uns ist das ein ganz besonderes Jubiläum. Wir habe lange gezögert, aber die Inzidenzzahlen erlauben es uns zu feiern“, sagt Einrichtungsleiterin Heike Strauß. Das sei für die Bewohnerinnen und Bewohner ganz wichtig, weil es für sie Normalität und Lebensqualität bedeute. Es habe in der Einrichtung zwar Infektionen gegeben, aber glücklicherweise keine Todesfälle.

In die Jahre gekommen: das Else-Drenseck-Zentrum in Börnig.
In die Jahre gekommen: das Else-Drenseck-Zentrum in Börnig. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Zeit sei jedoch hart für alle gewesen. Strauß erinnert an geschlossene Türen und Aufenthaltsräume, an maskierte Mitarbeiter in Vollschutzanzügen, die schwitzend und nach Luft ringend gearbeitet hätten. Dank der großzügigen Planung vor 50 Jahren mit vielen Balkons, Terrasse und Innenhof habe man aber durch Hofkonzerte, Zirkusvorstellungen und Rudelsingen – jeden Mittwoch das Steigerlied – „dem Virus ein Schnippchen schlagen können“.

Musik und Unterhaltung spielen auch am Samstag eine besondere Rolle. Ein buntes Bühnenprogramm mit Travestie, Rock, Jazz und Italo-Hits hat der Wohlfahrtsverband auf die Beine gestellt. Im Gebäude ist die Ausstellung „Rettet die schönen Worte“ des Herner Künstlers Jörg Lippmeyer zu sehen. Und auch die „Awo-Opas“ sind nach Börnig gekommen. Als renitente Rentner aus Recklinghausen präsentieren die vom Dortmunder „Geierabend“ bekannten Martin Kaysh und Hans Martin Eickmann eine Mischung aus Comedy, Kabarett und Kalauern. Zum Beispiel über die Büste Willi Pohlmanns, die aussehe wie Tegtmeier ohne Mütze: „Da wollte die Stadt wohl Geld sparen.“

Als Awo-Opas Willi und Karl-Heinz traten Martin Kaysh (li.) und Hans Martin Eickmann bei Elses Geburtstagsfeier auf.
Als Awo-Opas Willi und Karl-Heinz traten Martin Kaysh (li.) und Hans Martin Eickmann bei Elses Geburtstagsfeier auf. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zu den Gästen zählt neben Bürgermeister Kai Gera auch Heinz Drenseck, der Sohn der Namensgeberin. Der frühere Kämmerer der Stadt Herne und langjährige Awo-Vorsitzende erinnert sich noch recht gut an die Bauphase: „Meine Mutter war täglich vor Ort und fast schon so etwas wie die Bauführerin.“ Das Seniorenzentrum sei für die damalige Zeit hochmodern gewesen, weil es neben den 110 Einzelappartements im Altenwohnheim und 45 Zimmern im Pflegetrakt auch 38 Wohnungen hatte.

Lichte Räume mit hübschen Möbeln

„Lichte Räume, mit hübschen Möbeln, ein separates Bad, ein Vorraum mit Einbauschränken sind ebenso selbstverständlich wie Einbettzimmer und kleine Balkons.“ So beschrieb die WAZ Herne vor 50 Jahren die Einrichtung kurz vor der Eröffnung und zitierte Else Drenseck mit diesen Worten: „Wenigstens im Alter soll es keine sozialen Unterschiede mehr geben!“

Awo-Geschäftsführerin Else Drenseck beaufsichtigte vom Balkon die Arbeiten in der Außenanlage des Seniorenzentrums.
Awo-Geschäftsführerin Else Drenseck beaufsichtigte vom Balkon die Arbeiten in der Außenanlage des Seniorenzentrums. © Arbeiterwohlfahrt

Und worin besteht nun am Samstag das zweite Wunder? Eigentlich dürfte es die Einrichtung in dieser Form gar nicht mehr geben, denn: Im Frühjahr 2018 kündigte der Awo-Bezirk Westliches Westfalen an, dass das in die Jahre gekommene Heim Schritt für Schritt abgerissen und am selben Standort wieder aufgebaut werden soll – zusammen mit einer neuen Kita, die den Betreuungsnotstand in Herne abmildern sollte.

Erfolgreicher Protest gegen Neubaupläne

Die Folgen sind bekannt: Anwohner und Teile der Politik liefen Sturm gegen die Kita-Pläne, . „Man kann doch nicht aus Zeitdruck etwas schnell bauen, mit dem man dann 50 Jahre lang unglücklich ist“, sagte ein Anwohner. Auch in der Awo setzte sich diese Erkenntnis nach internen Auseinandersetzungen schließlich durch: Die Kita „wanderte“ zur Castroper Straße.

Nach wie vor ungeklärt ist dagegen die Zukunft des in die Jahre gekommenen Seniorenzentrums. Das macht bei der Geburtstagsfeier Leiterin Heike Strauß sehr deutlich, als sie zu diesem Thema in ihrer Rede den Klassiker „Que Sera Sera“ von Doris Day zitiert: „Whatever will be, will be. Was auch immer sein wird, wird sein ... .“

>>> Geschäftsführerin, Politikerin, Bürgermeisterin

Else Drenseck (1911 bis 1997), Tochter eines Herner Bergarbeiters, bekleidete bei der Arbeiterwohlfahrt zahlreiche Ämter. So war sie unter anderem viele Jahre Awo-Geschäftsführerin in Herne und Mitglied im Awo-Bundesvorstand.

Für die Herner SPD saß sie im Rat der Stadt und war von 1964 bis 1974 als erste Frau Bürgermeisterin.