Herne. Der Herner Klangkünstler Christof Schläger hat mit Marcus Brockmeier einen online begehbaren Raum geschaffen. Was es dort zu entdecken gibt.

Vorsichtig tastet sich der Besucher vor. Steigt die Treppe hinab in Christof Schlägers bunte Wohnküche mit Sofas, Sesseln und Teppichen, Kamin und Holzstapel. Lässt den Blick über die Wand gleiten, wo Fotos von den großen Konzerten des Herner Künstlers erzählen. Ein Mausklick, und er ist beim Schiffshornkonzert „Schichtwechsel“ auf Zollverein in Essen. Klänge aus Amsterdam, Karlsruhe und Krakau, Helsinki und Shanghai verstecken sich in den Bildern daneben. Zuhören oder gleich weiter stöbern in der Werkstatt nebenan?

Christof Schläger hat sein Reich in Teutoburgia für digitale Besucher geöffnet und staunend dürfen sie die drei Ebenen entdecken, auf denen der Klangkünstler mit seiner Frau Marjon Smit lebt und arbeitet. Der Künstler selbst begegnet ihnen hier und da auf „Knopfdruck“, um Einblicke in seine wundersame Welt zwischen Schatzkammer und Rumpelkammer zu geben, zu der individuell gestaltete Wohnbereiche gehören wie seine „Schlafkugel“, aber vor allem seine Werkstätten, Probenraum und die Halle mit den großen selbst gebauten Instrumenten, die Schläger international bekannt gemacht haben.

Besucher spazieren nach Belieben durch die Halle

Zum Wettbewerb

Der Preis des Kunstversicherungsunternehmens Arte Generali wird am 4. Mai online verliehen.Die Ergebnisse des Wettbewerbs „Digital Leaders in Art Awards (DLAA)“ sollten ursprünglich auf der Kunstmesse Art Cologne im April präsentiert werden. Gefördert wurden digitale Projekte, die den Zugang zu Kunst erleichtern.

Zusammen mit dem Herner Videofilmer und Fotografen Marcus Brockmeier hat Christof Schläger die Maschinenhalle virtuell begehbar gemacht und dafür kürzlich einen Preis gewonnen. Mit 15.000 Euro hat das Kunstversicherungsunternehmen Arte Generali das Team beim Wettbewerb „Digital Leaders in Art Awards (DLAA)“ bedacht. Prämiert wurden innovative Digitalprojekte im künstlerischen Bereich.

Schon jetzt dürfen sich die Besucher auf der Homepage des Klangkünstlers nach Belieben bewegen. 400 Kreise hat Marcus Brockmeier angelegt, von jedem aus hat der Betrachter einen 360-Grad-Blickwinkel und Zugriff auf die 50 farbigen Aktionspunkte, die wie Türchen eines Adventskalenders neugierig machen auf die dahinter verborgenen Bilder und Töne. Neben kurzen Konzertausschnitten gibt es zum Beispiel kleine Instrumentenporträts. Drumgate, Klapperrappel, Druckluftpfeifen und Schwirrer wollen betrachtet werden wie Hammerwerk und Sirene, für ein paar Sekunden sind sie zu hören mit ihren oft durchdringenden Geräuschen.

Hat für Christof Schläger den Klangraum gestaltet und mit ihm den Preis gewonnen: der Herner Fotograf und Videofilmer Marcus Brockmeier. 
Hat für Christof Schläger den Klangraum gestaltet und mit ihm den Preis gewonnen: der Herner Fotograf und Videofilmer Marcus Brockmeier.  © Unbekannt | Dirk Dobiey

Genialer Erfinder und Tüftler

In den Filmschnipseln erlebt der Betrachter Schläger beim Bau seiner einzigartigen Instrumente - der Künstler als genialer Erfinder und Tüftler. In „Making of a pneumatic drum machine“ etwa erklärt er, wie ihn eine Paketsortiermaschine inspirierte. Schön auch die Interviewpassagen, in denen Christoph Schläger von seiner Jugend erzählt, als er auf der Suche nach dem „Wahren und Essenziellen“ sein Zimmer demontierte. Wie Diogenes zog er damals in eine Tonne … „Ich fand das spannend.“ Auch wie er zum „Klangjäger“ wurde, ist zu erfahren.

So kann man sich verlieren in der Maschinenhalle Teutoburgia und dabei vielerlei sehen und hören. „Fertig“ sei der virtuelle Kunstraum nie, sagt dessen Gestalter Marcus Brockmeier, weil „immer noch etwas hinzugefügt werden kann“. Brockmeier hat die Aktionsfenster aus der Fülle des Materials geschaffen, das er aus jahrelanger Zusammenarbeit mit dem Herner Künstler besaß. Als Spezialist für die 360-Grad-Vision will er diese Technik künftig auch verstärkt dem Einzelhandel anbieten und damit den Kundinnen per Bildschirm Online-Shopping aus dem Regal ermöglichen.

Christof Schläger jedenfalls ist begeistert vom Ergebnis. „Für mich ist es fast wie ,Raumschiff Enterprise’, schwärmt er, „eine 3D-Wirklichkeit“, die er sich allenfalls für die ferne Zukunft hätte vorstellen können.