Herne. Ab dem 15. März sollen die Schulen wieder für alle öffnen. Aber in Herne liegt die Inzidenz bereits über 100. Ist der Schulbeginn hier in Gefahr?
Die Schulmail des Schulministeriums am Freitag war eigentlich eindeutig: Ab dem 15. März werden die Schulen wieder im Wechselunterricht für alle öffnen. Ganz so eindeutig ist der Fall beim genauen Blick aber nicht, denn in Herne ist die Inzidenz über 100 gestiegen. Das ist der Wert, bei dem laut Bundeskanzlerin Angela Merkel Notbremsen ziehen sollen, um die Infektionslage einigermaßen im Griff zu behalten. Werden die Schulen also am kommenden Montag überhaupt öffnen?
Diese Frage stellen sich nicht nur einige Eltern und Schüler, sondern auch Schulleiter. Stefan Lindemann, Schulleiter der Realschule an der Burg, kann es immer noch nicht so ganz glauben, dass es am Montag wieder losgehen soll: „Man kann uns doch jetzt bei einer Inzidenz von 100 nicht einfach da rausschicken!“ Die Lehrer seien alle nicht geimpft. „Aber das ist wohl ein Kollateralschaden, den man in Kauf nimmt“, ärgert er sich.
In Herne kämen die Schüler nun bei einer Inzidenz zurück in die Schulen, bei der sie in den Lockdown gegangen seien. „Wir können doch in Herne nicht gleich behandelt werden wie Kommunen, wo die Inzidenz vielleicht bei 30 liegt“, sagt Lindemann fassungslos.
Herne: Schulleiter haben kein gutes Gefühl bei Öffnungen
Auch Nicole Nowak, Schulleiterin am Haranni-Gymnasium, hat kein gutes Gefühl bei den geplanten Schul-Öffnungen: „In Herne haben wir doch einen Inzidenzwert über 100“, sagt die Sprecherin aller Gymnasien. „Die Entwicklung hier ist nicht für weitere Öffnungen angelegt.“ Dass dennoch direkt alle anderen Jahrgänge wieder zur Schule kommen sollen, könne sie nicht nachvollziehen.
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Sie hätte sich gewünscht, dass die Abschlussklassen, die derzeit in den Vorabiturklausuren stecken, in Ruhe hätten weiterarbeiten können und keine weiteren Klassen dazustießen. „Wir haben gehofft, dass es bis zu den Osterferien so weitergehen kann“, so Nowak. Der Distanzunterricht sei ganz gut gelaufen. Den Wechselunterricht zu organisieren sei nun „eine große Aufgabe, die nicht alle zufrieden stellen wird“.
Erster Corona-Fall in der ersten Schulwoche
Sylke Reimann-Pérez, Leiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule, befürwortet es zwar generell, dass die Kinder wieder in die Schulen kommen, aber sie hat auch große Sorgen. „Wir hatten schon in der ersten Schulwoche mit den Abschlussklassen wieder einen Covid-Fall“, sagt sie. „Das wird uns jetzt wieder häufiger ins Haus stehen“, befürchtet die Sprecherin der Gesamtschulen.
Sie habe vor allem Sorge wegen der hohen Inzidenz in Herne und der Mutante, die sehr ansteckend ist. Reimann-Pérez würde sich eine Art Notbremse wünschen, „bevor etwas sehr schief läuft“. Es werde immer noch viel zu wenig getestet. Erst habe es von Seiten des Schulministeriums geheißen, dass die Öffnungen von den Inzidenzen abhingen – doch plötzlich sei davon keine Rede mehr, beklagt sie.
Bezirksregierung: Öffnung der Schulen gilt landesweit
Die für Herne zuständige Bezirksregierung Arnsberg weist auf WAZ-Anfrage darauf hin: „Die neue Coronaschutzverordnung sagt in §16 (2), dass regionale Regelungen allgemein in Absprache mit dem NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales möglich sind, wenn die Inzidenz nachhaltig und signifikant über 100 ist.“ Über Schulen sei hier allerdings keine Aussage getroffen. Die Öffnung der Schulen gelte landesweit, also auch für Herne. Außerdem verweist sie auf eine Schulmail aus dem Dezember, laut der Schulträger ab einem Inzidenzwert von 200 regional eingreifen durften.
Derzeit sei das jedenfalls nicht der Fall, bestätigt auch Schulamtsleiter Andreas Merkendorf. „Das Schulministerium hat uns die Möglichkeit genommen, die Schulen komplett zu zu lassen“, sagt er. In der Mail an die Schulen werde den Schulen zwar bei der Ausgestaltung des Wechselunterrichts einiges an Freiraum gelassen, dieser werde aber nicht an Inzidenzen gekoppelt, so Merkendorf. Deshalb geht er fest davon aus, dass die Schulen am kommenden Montag auch für alle öffnen – egal wie hoch die Inzidenz bis dahin in Herne geklettert ist.
Öffnung als Test für die Zeit nach Ostern
„Ich denke, das Land möchte vor den Osterferien ein Fahrgefühl dafür bekommen, wie es nach Ostern weitergehen könnte“, sagt Merkendorf. Die zwei Wochen seien eine gute Möglichkeit, mit möglichst wenig Gefahr ein Gespür für die Lage zu bekommen. Der Test im Wechselunterricht sei ihm deutlich lieber, als wenn der Druck so groß geworden wäre, dass das Schulministerium nach den Osterferien sofort in die Vollöffnung gegangen wäre.
Die Schulleiter fordern schnelle Impfungen für die Lehrer auch an den weiterführenden Schulen. „Es werden nur die Grundschullehrer geimpft“, sagt Reimann-Pérez, „aber wie wichtig wäre es, jetzt alle Lehrer zu impfen. Dringend, dringend, dringend.“ Stefan Lindemann spricht von großen Ängsten wegen der ansteckenderen Mutation bei den Lehrern: „Ich werde hier nächste Woche rund 260 Schüler haben und ein ungeimpftes Kollegium.“ Die Möglichkeit von wöchentlichen Tests beim Hausarzt brächten wenig, eigentlich müsse täglich in der Schule getestet werden. Lindemann sagt: „Ich werde bis Freitag hoffen, dass es aus Düsseldorf noch eine Änderung gibt.“
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