Herne. Rosenmontag einmal anders: Die „Krypto-Show“ aus Herne holte sich die Künstler dieses Mal auf den Bildschirm. Das Publikum feierte zu Hause mit.
Es ist ein wenig paradox, wenn trotz oder wegen einer Maskenpflicht der Höhepunkt der Karnevalszeit nicht wirklich stattfinden kann. Damit Jecken am Rosenmontag doch noch etwas zum auf die Schenkel klopfen bekamen, luden Helmut Sanftenschneider und sein zynischer Kompagnon Martin Fromme zu ihrer „Krypto-Show“ über Zoom ein, die einen Hauch absonderlicher Normalität in die heimischen Wohnzimmer trug. Oder wo auch immer die Webcams der 51 Teilnehmer aufgestellt sind, die sich Kopf an Kopf in ihren kleinen Rechtecken auf den jeweiligen Bildschirm wiederfinden, einander zuwinken und liebe Grüße in die Chatbox schreiben.
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Neben den beiden Moderatoren in sichtlicher Feierlaune führt Christian Strüder von den Flottmann-Hallen alias „Netman“ mit güldener Perücke und Fliegerbrille seine Gäste durch das Neuland Internet und koordiniert die Kommunikation von innen und außen. Und da die drei Spaßkanonen nicht lange rumfackeln wollen und die Akustikgitarre schon an der Seite steht, darf ein musikalischer Ausflug in karnevalistisches Liedgut natürlich nicht fehlen.
Als erster Büttenredner wird der amerikanische Komiker John Doyle auf groß gestellt. Er erzählt von der Leidenschaft seiner Frau für Krimis, die ihm zwar Unbehagen bereite, jedoch schlussendlich den ehelichen Haussegen wieder geraderückte.
Wer will, lässt indes einen Schnaps für die drei vor der Kamera springen, die dem zahlungsfreudigen Publikum versichern, dass es sich auch tatsächlich um einen solchen handle. Wo das hinführt, zeigt sich dann am Ende der zweieinhalbstündigen Show, in der Zauberkünstler Alexander Merk erst einmal dem Rätsel auf die Spur kommen muss, warum sein Mikrofon nicht funktioniert.
In der Zwischenzeit erzählt Martin Kaysh von sich und dem Dortmunder Alternativkarneval „Geierabend“, der die Zeit des Lockdowns dazu genutzt habe, ein neues Programm für den Sommer auf die Beine zu stellen. Der Plattform Zoom geschuldet, wirken diese Gespräche mit einer großen Portion Komik tatsächlich so, als träfe man sich zum abendlichen Plausch im entfernteren Freundeskreis und glücklicherweise weniger wie das wöchentliche Seminar über unterirdische Kirchen und Andachtsstätten.
Die letzte Runde ging runter wie Öl und so folgt schon die nächste, die über Paypal gezahlt, die Gemüter des Moderatorenteams weiter erheitert. Sie begrüßen die Herner Staatsministerin Michelle Müntefering in der Runde, zum Gespräch über Heimat, die eigenen Gesangskünste und die Erkenntnis: „Wenn man in der Schulzeit schon anfängt, das Busgeld einzusammeln, ist man schon mit einem Bein in der Politik.“
Beim Thema Hut überlässt Kabarettist Jochen Malmsheimer ganz seiner Natur nichts dem Zufall und zeigt sich mit Fes obenrum bedeckt - eine Hommage an den Komiker Tommy Cooper. Im Ratequiz mit einem Zuschauer glänzt er mit gefährlichem Halbwissen, das ihm den Sieg und allen gemeinsam großen Spaß bereitet. Wie eh und je, wenn Martin Fromme zugegen ist, darf natürlich auch der obligatorische Herrenwitz nicht fehlen, der dieses mal zwar etwas sauberer daherkommt, aber in viele kleine Tiefschläge aufgeteilt wird.
Bevor das beste Kostüm der Zuschauer am Ende eine Flasche Schnaps gewinnt, geben die Sauerkrauts noch einen australischen Klassiker im deutschen Gewand zum Besten und alle sind glücklich. Vor allem das Moderatoren-Dreigespann, von denen niemand mehr selbst nach Hausen fahren wird.
Die nächste Krypto-Show via Zoom findet am 1. April 2021 statt. Informationen unter www.flottmann-hallen.de
Die Sauerkrautsmimen seit 24 Jahren das deutsche Klischee von Lederhose, Dirndl und Ziehharmonika und spielen so deutschsprachige „Klassiker“, etwa aus der Neuen Deutschen Welle.
Alexander Merk ist Mitglied und mehrfacher Preisträger des Magischen Zirkels von Deutschland und begeisterte mit seiner Illusion der Wandlung eines Lottoscheins zu einem 50-Euro-Schein.