Herne. Lärm, Müll und Fäkalien durch Lkw-Fahrer: Anwohner wollen die Zustände auf dem Cranger Kirmesplatz nicht mehr hinnehmen. So reagiert die Stadt.

Die Zustände auf dem Cranger Kirmesplatz in Herne haben sich in den vergangenen Monaten weiter verschlimmert. Anwohner klagen: Bis zu 100 Lkw und Zugmaschinen säumten den Platz, Fahrer campierten dort. Folgen seien Krach, Müll und menschliche Hinterlassenschaften.

Die CDU hatte zuletzt Alarm geschlagen und in der Bezirksvertretung Wanne über die chaotischen Zustände berichtet. Der Cranger Kirmesplatz werde mehr und mehr zum Groß-Parkplatz für Lkw-Fahrer vor allem aus Osteuropa, kritisierte CDU-Bezirksfraktionschef Frank Droste. Er fordert Abhilfe von der Stadt.

Herne: „Überall liegen Tretminen herum“

Der Cranger Kirmesplatz ist zum Groß-Parkplatz für Lkw aus Osteuropa geworden, kritisierte zuletzt die CDU in Herne.
Der Cranger Kirmesplatz ist zum Groß-Parkplatz für Lkw aus Osteuropa geworden, kritisierte zuletzt die CDU in Herne. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Abhilfe fordern auch die Anwohner. Sie sind schockiert, genervt und wütend über die Situation und fühlen sich allein gelassen. „Überall liegen Tretminen herum“, klagt etwa Peter Fischer. Die Lkw-Fahrer hinterließen ihre menschlichen Hinterlassenschaften, wo sich Platz biete. Sichtbar sei das auch durch das viele Klopapier, das auf dem Kirmesplatz überall herum liege. Hinzu komme, dass stundenlang die Motoren liefen. Die Luft werde verpestet und der Lärm sei groß, so der 60-Jährige.

Ordnungswidrigkeitenverfahren versanden

In der Bezirksvertretung Wanne hieß es zuletzt von der Stadt, dass sie das Problem „nur symptomatisch“ angehen könne. Grund: Die meisten Lkw kämen aus Ländern außerhalb der EU. Leite die Stadt Ordnungswidrigkeitenverfahren ein, versandeten sie meist, weil es zwischen Deutschland und den Halter-Ländern keine Abkommen gebe, um Bußgelder einzutreiben.

Die Fahrzeuge abzuschleppen, wäre „unverhältnismäßig“, hieß es. Nicht zuletzt: Bitte die Stadt die Fahrer, ihre Lkw wegzufahren, lehnten diese das oft ab – mit Verweis auf ausgeschöpfte Lenkzeiten.

Heike Hübner traut sich abends nicht mehr raus, etwa, um mit dem Hund spazieren zu gehen. Zu oft sei sie dabei von Fremden angesprochen worden, sagt die Anwohnerin. Auch sie klagt, dass überall Kot herumliege, sogar an eine Mauer sei er geschmiert worden. Sei sie tagsüber mit dem Kinderwagen unterwegs, habe auch der bei der Rückkehr schon mal Fäkalien an den Rädern, so die 28-jährige Mutter.

Christian Militsch ist Hausmeister der Cranger Kirche. Er bestätigt die Beschreibungen der Anwohner und fügt hinzu: Die Lkw-Fahrer machten auch vor dem Kirchengrundstück nicht Halt. An der Kirche und an der Kirchenmauer, ja auch auf dem Friedhof fänden sich Hinterlassenschaften. Die Toilettenanlage habe die Evangelische Kirchengemeinde schon dicht machen müssen, weil sie verdreckt und zerstört worden sei. Auch das Wasser sei nun abgedreht worden: Die Lkw-Fahrer hätten sich dort großzügig bedient. Der 44-Jährige berichtet außerdem von abendlichen und nächtlichen Zusammenkünften in den Lkw-Kabinen, ja Partys in den Trailern – mit entsprechendem Lärm und ohne Masken: „Corona-Regeln gibt’s da nicht.“

Die Folgen der Lkw-Schwämme haben Anwohner auch mit Fotos dokumentiert.
Die Folgen der Lkw-Schwämme haben Anwohner auch mit Fotos dokumentiert. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Die Anwohner sind sauer über die Stadt. Die Verwaltung sei schnell dabei, von ihnen Knöllchen zu kassieren, wenn ihre Hunde irgendwo hinmachten oder sie selbst keine Maske trügen – die Lkw-Fahrer aber hätten Narrenfreiheit, heißt es unisono. Ihre Beschwerden bei der Stadt liefen dagegen ins Leere. Heike Hübner berichtet sogar, dass das Ordnungsamt ihr geraten habe, einfach nicht mehr auf dem Platz spazieren zu gehen. Und: dass sie doch besser Ruhe geben solle. Gebe es Schriftwechsel, dann kämen die Lkw-Fahrer doch an ihre Adresse.

Die Stadt bestätigt die Lage auf dem Kirmesplatz. Unrat, menschliche Hinterlassenschaften, Lärm, Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung und verbotenes Campieren, auch das habe das Ordnungsamt beobachtet, sagt Gesundheitsdezernent Johannes Chudziak. Er spricht deshalb von „nicht tolerierbaren Zuständen“. Anfang Januar wolle die Stadt deshalb über ein Maßnahme-Paket sprechen.

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Diskutiert werden sollen Sperren auf dem Kirmesplatz etwa durch Baumstämme und Betonkübel beziehungsweise durch umlegbare Sperrpfosten. Der öffentliche Verkehrsraum, sprich: die Straßen, dürften dagegen nicht gesperrt werden. Sobald die Kirmesflächen gesperrt seien, gebe es aber die Möglichkeit, Verstöße gegen das dort bestehende Durchfahrverbot zu ahnen. Dazu sei eine Kontrollaktion von Stadt und Polizei geplant. Nicht zuletzt: Missstände, darunter die Verunreinigungen, sollen „zeitnah beseitigt“ werden, so der Dezernent.

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