Herne. Publikum und Jury waren von ihren Bildern beeindruckt: Emma Koppe (17) gewann in Herne zwei „Herberts“. Wie die Kunst ihr persönlich half.

Ende September nahm die junge Malerin Emma Koppe nicht nur den Publikumspreis des „Herbert!“-Jugendkulturwettbewerbs entgegen, sondern auch den Jurypreis für den zweiten Platz - in den Flottmann-Hallen, keine fünf Minuten Laufweg von ihrem zweiten Zuhause in Herne entfernt. Und trotzdem hatte sie bis dahin einen weiten Weg zurückgelegt.

Emma Koppe im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Christian Steube.
Emma Koppe im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Christian Steube. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Magersucht ist kein Tabuthema

Er führte die gebürtige Rheinländerin von ihrer Geburtsstadt Köln abseits des Meeres über wackelige Stege, stets der Gefahr ausgesetzt, vom Wasser in den Abgrund gerissen zu werden. „Tiefsee“ lautet der schlichte, doch bezeichnende Titel eines ihrer Gemälde, das von diesem Gefühl des Ertrinkens erzählt, als die Diagnose „Atypische Anorexie“ vor einigen Jahren ihr Leben bestimmte.

Darüber spricht Emma ganz offen, denn es sei ihr wichtig, über das Thema nicht zu schweigen, auch um andere in einer solchen Situation zu erreichen, erzählt die heute 17-Jährige, die durch ihre Kunst wieder den Zugang zu sich selbst gefunden habe.

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Mit der Malerei kam sie zwar schon als kleines Mädchen in Kontakt, doch beschränkten sich ihre ersten Gehversuche auf kindliche Pferdebilder, die sie ihrer Oma malte und die noch nicht wirklich ihr schöpferischen Talent erkennen ließen. Erst als sie merkte, dass etwas nicht mit ihr stimmte, fing sie an, ihr Inneres mit dem Pinsel auf die Leinwand zu bringen und schuf eher unbewusst eine kleine Allegorie in Frauengestalt ihrer Gefühlswelt, die fortan in all ihren Bildern zu finden ist. Doch wo kein Wasser ist, da ist zumindest in dieser Welt kein Leben und so erkannte sie erst später selbst die Doppeldeutigkeit ihrer eigenen Bilder, in denen der kleine Mensch zwar unbedeutend erscheinen möge, doch sich zeitgleich die Chance auftue von viel positiver Energie umgeben zu sein.

Dieses Bild von Emma Koppe trägt den Titel „zurückgeblieben
Dieses Bild von Emma Koppe trägt den Titel „zurückgeblieben". © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Preisgeld für Material

Kein Schatten ohne Licht, und so strahlt Emma noch immer, wenn sie von dem Moment erzählt, als ihr klar wurde, dass sie die Künstlerin sei, die es „auf besondere Art und Weise verstehe, ihre Emotionen und Gefühle in ihrer Kunst zum Ausdruck zu bringen“, wie die Jury am Tag der Preisverleihung einleitend verkündete. Was sie einst zu erdrücken drohte, daraus schöpfe sie heute Kraft. In gewisser Weise sei sie sogar froh über diese Erfahrung, sagt Emma, auch, wenn sie wisse, dass noch ein langer Weg vor ihr liege.

Das Preisgeld werde sie wohl für Pinsel und Leinwand verwenden, wobei sie neben Acryl- auch Ölfarben ausprobieren wolle. Eine Druckpresse sei eine weitere Idee, doch müsse sie sich das noch überlegen. Ihr sei klar, dass sie das Geld nicht verprassen wolle.

„Sehr ansprechender illustratorischer Stil“

Ihre Schulzeit verbrachte Emma Koppe bei ihrer Mutter in Bechen, einem Ortsteil der Gemeinde Kürten. Da es dort jedoch so etwas wie den „Herbert!“ nicht gibt, entschloss sie sie sich in Herne teilzunehmen, wo ihr Vater wohnt.

Neben der „überaus überzeugenden Auseinandersetzung“ mit dem Thema psychische Erkrankungen beeindruckte die Jury auch die „künstlerischen Ausgestaltung der fünf Leinwände“. Positiv hervorzuheben sei unter anderem „der gewählte sehr ansprechende illustratorische Stil“.

Emmas Geschichte ist Teil kleinen Serie über die drei Erstplatzierten beim diesjährigen „Herbert“.

Berufswunsch Restauratorin

Ein Blick in die Zukunft offenbart schon konkrete Pläne. Emma sieht sich nach dem Abitur als Gemälderestauratorin, da hier Themenfelder der Kunstgeschichte, Chemie, Biologie und natürlich der Malerei zusammenkämen, für die sie sich sehr interessiere.

Pferde mag sie aufgrund einer Allergie übrigens nicht mehr. Aber schließlich ist Emma Koppe auch kein kleines Mädchen mehr, sondern stark genug, ihren Weg alleine zu gehen.

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