Herne. Ruben Uhlich ist Rapper Trair. In Herne unterrichtet er an einer Hauptschule. Wie gut das zusammenpasst, erzählt der 27-Jährige im Interview.
Schüler haben ihre eigene Sprache. Umso ungewöhnlicher ist es, wenn sie einen Lehrer haben, der zumindest einen Teil ihrer Sprache spricht: Ruben Uhlich (27), Lehrer an der Hans-Tilkowski-Schule, ist in seiner Freizeit als Rapper „Trair“ aktiv. Die WAZ traf ihn in der Schule zum Interview.
Wie kommt man als Lehrer dazu, Rapmusik zu machen?
Die Entscheidung kam nicht erst, als ich Lehrer wurde. Ich habe viel Rap gehört. Erst auf Englisch, das fing mit Eminem an. Irgendwann ging es in die deutsche Richtung, und da bekam ich Lust, eigene Sachen zu verfassen, später im Tonstudio aufzunehmen. So nahm das ganze seinen Lauf.
Wie lange ist das her?
Den ersten Song aufgenommen habe ich vor etwa zehn Jahren. Ich habe das große Glück, dass ich mit einem Kollegen zusammenarbeite, der ein eigenes Tonstudio hat. Er kann auch Abmischen. Wenn wir im Studio sind, schreiben wir zusammen, nehmen irgendwas auf, wenn es uns nicht gefällt, wird es weggeworfen. Wenn es etwas Gutes ist, feilen wir weiter.
dTreten Sie auch auf?
Früher ja, im Moment nicht mehr. Ich hatte vor vier Jahren meine beste Phase. Da habe ich einen Contest gewonnen und durfte bei der Gamescom in Köln auftreten. Das war der größte Auftritt, vor geschätzt 500, 600 Leuten. In dem Zeitraum bin ich in verschiedenen Locations in Dortmund aufgetreten. Das ist zum Ende meines Studiums und zu Beginn des Referendariats ein bisschen in den Hintergrund gerückt. Aber jetzt versuche ich, wieder mehr daran zu arbeiten und hoffentlich auch wieder Auftritte zu haben.
Was sagen ihre Lehrerkollegen und ihre Schüler dazu?
Da ich relativ neu hier bin, seit Mai, habe ich noch nicht allzu viel gehört. Viele Kollegen haben es jetzt mitbekommen, sind dem positiv gegenüber gestimmt. Sie denken, dass ich einen anderen Zugang zu den Schülern habe. Die Schüler nehmen es sowieso positiv auf. Gerade an meiner Referendariatsschule habe ich deutlich gemerkt, dass das eben die Musik ist, die sie hören und mit der sie sich identifizieren können. Es hat positive Effekte.
Was für positive Effekte sind das?
Die Schüler respektieren mich auf die ein oder andere Weise mehr. Ich erlebe, dass die mir ganz anders zuhören. Ein Schüler sagte mal: ,Herr Uhlich, ich habe nur für Sie gelernt.‘ Ich bekomme die anders gepackt.
Rappen Sie auch mal im Unterricht?
(lacht) Alle Kids fragen: ,Können Sie nicht mal was vorrappen?‘ Das mache ich ehrlich gesagt nicht. In Stunden, wo etwas Leerlauf ist, verfasse ich gerne mit ihnen zusammen etwas. Das würde ich gerne als kleine AG weiterführen.
Sehen die Schüler Sie zu sehr als Kumpel?
Die Gefahr erlebe ich in den ersten Stunden. Jeder Schüler probiert aus, wie weit er gehen kann. Da bin ich allerdings dann der Strenge. Ich vertrete die Meinung, dass man einen gesunden Mix aus kumpelhaft und Autoritätsperson finden muss. Das versuche ich immer beizubehalten. Ich bin immer noch Lehrer und dazu da, denen was beizubringen. Jeder Klasse, die ich neu unterrichte und kennenlerne, sage ich: Ich bin nur so nett, wie ihr zu mir seid. Das funktioniert bisher ganz gut.
Rap gerät immer wieder in die Kritik aufgrund frauenverachtender Texte. Wie sehen Sie das als Pädagoge?
Ja, leider sind Rap und Hip-Hop in so ein Licht gerückt. Es gibt es viele Negativbeispiele, in denen es nicht nur um frauenverachtende Texte geht, sondern auch um antisemitische. Wenn man sich allerdings mit Rap und Hip-Hop auseinandersetzt, sieht man, dass das Ausnahmen sind. Ich kann damit gar nichts anfangen. Für mich ist das keine Kunst mehr, keine Musik. Das Problem ist, dass in den Charts Leute wie Capital Bra und Samra sind. Die rappen viel übers Drogennehmen, über dicke Karren, haben in den Videos leicht bekleidete Frauen. Diese Rapper haben auf jeden Fall ihre Daseinsberechtigung, aber eben auch Texte, die die Kinder und Jugendlichen nicht immer ganz reflektieren können.
Lehrer arbeitet an einem Album
Ruben Uhlich kommt gebürtig aus Dortmund und lebt mit seiner Frau in Castrop-Rauxel. Er studierte Deutsch und Sozialwissenschaften.
An der Hans-Tilkowski-Schule unterrichtet der 27-Jährige Geschichte und Politik, Arbeitslehre Wirtschaft und Deutsch. Aktuell arbeitet er an einem Album. Als Rapper ist er bei Instagram unter trair_official zu finden.
Wovon handeln Ihre Texte?
90 Prozent, von dem, was ich schreibe, ist autobiografisch. Ich verarbeite dadurch. Ob es positiv oder negativ ist, ist egal, ich schreibe darüber und wenn sich das noch ganz gut anhört, nehme ich es auf und bringe es raus. Ich habe auch kein Problem damit, wenn Schüler davon erfahren, dass ich in meiner Kindheit Schwierigkeiten hatte. Ich habe keine Scheu davor, dass zu erzählen.
Schule war also nicht so Ihr Steckenpferd?
Lange nicht. Auch ich war in der Pubertät, und da ging es vom Sitzenbleiben in der achten Klasse bis zum nervigen Schüler, der hinten saß und seine Kein-Bock-Phase ausgelebt hat.
Trotzdem sind Sie heute Lehrer...
Ich sehe mich häufig in den Kids und erzähle ihnen, wie es bei mir war. Das ist vielleicht gut, wenn die sehen, der war einmal wie wir, hat es jetzt aber trotzdem geschafft.
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