Herne. Im Montessori-Kinderhaus an der Bismarckstraße in Herne hat Ingrid Moog als junge Erzieherin begonnen, dort endet heute auch ihr Berufsleben.
Die Not der Eltern sehen, und nichts dagegen tun können. „Das war noch einmal eine anstrengende Zeit“, sagt Ingrid Moog über die zurückliegenden Monate mit den Coronabeschränkungen, denen sich auch das Montessori-Kinderhaus an der Bismarckstraße unterwerfen musste und immer noch muss. Ab Mittwoch allerdings ohne Ingrid Moog: Nach 45 Jahren in der Kindertageseinrichtung verabschiedet sich die Leiterin in ihren nächsten Lebensabschnitt. „Ich gehe mit einem guten Gefühl“, sagt die 63-Jährige.
Gerade mal 19 Jahre alt war die in Wanne-Eickel aufgewachsene Erzieherin, als sie in derselben Kita, die sie heute zum letzten Mal betritt, ihr Anerkennungsjahr begann. Nach drei Jahren übertrug man ihr die Leitung des zweiten Montessori-Kinderhauses an der Nordstraße. Inzwischen hatte sie auch ihr Montessori-Diplom erworben, das ihr bescheinigte, sich intensiv mit der am Kind orientierten Reformpädagogik von Maria Montessori befasst zu haben, die unter anderem den Satz geprägt hat „Hilf mir, es selbst zu tun“.
Über drei Jahrzehnte in der Nordstraße
Eine Gruppe mit 25 Kindern: Das war ihr erstes Kinderhaus. „Für eine junge Erzieherin super“, sagt Ingrid Moog, „da konnte ich hinein wachsen.“ Über drei Jahrzehnte blieb sie in der Nordstraße, inzwischen selbst Mutter zweier Söhne, bis 2012 die Leitung des Kinderhauses Bismarckstraße dazu kam, für das sie sich schließlich nach einer Übergangszeit ganz entschied.
„Mir hat es immer gefallen, Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten und sie zu unterstützen“, sagt Ingrid Moog, wenn man sie fragt, was für sie die Freude am Beruf ausgemacht hat: Dazu beizutragen, „dass Kinder gesund aufwachsen, physisch und psychisch, und das jedes Kind die gleichen Bildungschancen hat“, sei Motor ihrer Arbeit gewesen, der sie mit Herzblut nachgegangen sei. „Das brauchen die Kinder, Nähe und Wertschätzung, dass man ihnen etwas zutraut.“
„Geringe Wertschätzung und schlechte Bezahlung“
Für diese erfüllende Seite des Erzieherinnenberufes zu werben, habe „die Politik verpennt“, sagt Ingrid Moog. Die Folge sei der Mangel an Fachkräften, mit dem die Kitas nicht erst seit gestern zu tun haben. „Aufgrund der geringen Wertschätzung des Berufes und der schlechten Bezahlung suchen sich die jungen Leute mit Fachabi etwas anderes“, so ihre Erfahrung. Dabei könne die vorschulische Erziehung in Sachen Bildungsgerechtigkeit vieles leisten. „Wenn man gute Leute hat, kann man einiges aufholen.“
Montessori-Kinderhaus
Die Montessori-Kinderhäuser St. Marien an der Bismarckstraße und an der Nordstraße arbeiten unter dem Dach der Katholischen Kindertageseinrichtungen Östliches Ruhrgebiet gGmbH mit 85 bzw. 65 Kindern ab drei Monaten.
Die Kita ist in der Regel von 7.15 bis 16.15 Uhr, momentan nur eingeschränkt, geöffnet.
Neuer Kinderhaus-Leiter ist Marco Dettmar.
Als Dienstleister möchte sie die Kindertageseinrichtungen nicht verstanden wissen, auch wenn das viele Eltern heute so sähen. In früheren Zeiten seien Dreijährige anderes vorbereitet gewesen, ob beim An- und Ausziehen oder beim Toilettengang. „Heute wird vieles in die Hände von Institutionen gegeben“, sagt sie. „Die sollen es richten. Aber zaubern können wir auch nicht.“ Ingrid Moog wünscht sich dagegen eine „gemeinsame Erziehungsverantwortung“, was bei berufstätigen Eltern nicht immer einfach zu realisieren sei.
Im Ruhestand viel reisen
Jetzt freut sie sich erst mal auf den Ruhestand in Dortmund-Bodelschwingh. Die ursprünglich groß geplante Verabschiedung mit Festgottesdienst und Empfang fällt wegen Corona aus, eine kleine Abschiedsfeier hat es bereits gegeben. Mit ihrem Mann will sie, wenn es denn wieder geht, viel reisen und die in ganz Deutschland verteilten zwei erwachsenen Söhne und zwei Stieftöchter besuchen, Sport treiben und tanzen. „Ich hoffe, dass wir noch viel Zeit in Gesundheit miteinander verbringen.“
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