Herne. Papier ist sein Material: Wie es den Fotografen Daniel Kessen aus Herne immer wieder neu inspiriert, zeigt seine Ausstellung „papierbilder“.

„papierbilder“ nennt Daniel Kessen ein wenig doppeldeutig seine Ausstellung, die ab sofort in der Castrop-Rauxeler Galerie art.ist zu sehen ist. Kommt man in den hellen Ausstellungsraum, ist der Besucher vielleicht erst einmal ein wenig irritiert. Papierbilder? „Man stellt sich wohl unter diesem Titel etwas völlig anderes vor“, stellt der Herner Fotograf lachend fest. „Aber warum nicht Papier?“, fährt er fort. „Mich interessiert einfach das Material.“

Zwei in Castrop ausgestellte Arbeiten des Herner Fotografen Daniel Kessen, oben
Zwei in Castrop ausgestellte Arbeiten des Herner Fotografen Daniel Kessen, oben "libre", unten "scratches". © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Papier führt ein Eigenleben

Papier liefert für Daniel Kessen immer wiederkehrende Motive. In seiner Reihe „tagbuch“ ist es das Wechselspiel von dünnem durchsichtigem Papier und Wasser. Feucht gemacht, verformt sich das Papier. Es wird gefaltet, geknüllt oder im Trocknungsprozess einfach sich selbst überlassen. „Das ist ein Prozess, der sich nicht völlig steuern läßt“, erklärt er. Sein Material führt ein Eigenleben. Manchmal kommt mit Tusche oder Rote-Bete-Saft Farbe hinzu. So entstehen Formen, die mal völlig plastisch wirken, als seien sie räumliche Objekte, Bilder von Skulpturen.

Auf der anderen Seite erscheinen filigrane Gebilde, die zerbrechlich und gleichzeitig bewegt wirken. Sie erscheinen mal eher geometrisch, mal als unbestimmte Gebilde. Im Studio werden diese Objekte fotografiert. Daniel Kessen steuert mit dem Licht, das sie beleuchtet, immer auch die Wahrnehmung des Betrachters. Da meint man eine schon mal eine Tänzerin vor sich zu haben oder einen Rückenakt. Oder auch eine feine Zeichnung. Die Fantasie des Betrachters muss hier keine Grenzen kennen.

Zusammenspiel von Licht, Papier und Umwelt

Die zweite Serie der Ausstellung nennt Daniel Kessen „aquarelle“. Sie stammen aus der Serie „bilder ungemalt“. Auf wasserlösliche Farben kann er aber vollständig verzichten. Er nutzt schwarzen Fotokarton, um das Licht einzufangen. Die Farben dieser Bilder entstehen ganz allein durch das Zusammenspiel von Licht, Papier und Umwelt. Manchmal scheinen hierbei Reste von Architektur durch. Eine Backsteinmauer wird zu einer fantastischen Landschaft. Die lichte Reflexion des Himmels auf dem schwarzen Fotokarton verwandelt sich in ein blaues Gebilde. Natur oder Umwelt sind hier nur noch ganz am Rande zu sehen. Dennoch schafft sie die Bilder. In ihnen lösen die Farben die Formen immer wieder in oft dramatische Bewegungen auf.

Zum Künstler

Daniel Kessen ist 1973 in Herne geboren.

Er hat an der TU Dortmund zunächst Architektur studiert. Seit 2010 beschäftigt er sich intensiv mit der Fotografie.

2013 zeigte er seine Ausstellung „inkognito“ in der Herner Hauptsparkasse. Seine Fotoreihen „markt“ und „mein 20 Pfennig ruhrgebiet“ sind in das Pixelprojekt Ruhrgebiet aufgenommen worden. Fotografien von Daniel Kessen sind auch in der Ausstellung „Mit Abstand“ in den Flottmann-Hallen zu sehen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der auch weitere Bilder von Daniel Kessen enthält. Er kostet 10 Euro.

„Sichtbares steht im Dialog mit Unsichtbarem“, schreibt Daniel Kessen zu seiner Ausstellung. Die sichtbare, fotografierbare Welt verwandelt sich in ein künstlerisches Spiel aus Formen, Material und Licht. Das ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, erscheint Fotografie in der Ausstellung eher, als wäre sie Malerei oder Zeichnung. Aber sie ist es nicht. Die Ausstellung lohnt schon einen Besuch in unserer Nachbarstadt.

Die Ausstellung „papierbilder“ in der Galerie art.ist in Castrop-Rauxel, Am Markt 21, ist von Samstag, 27. Juni, bis zum 29. August zu sehen. Öffnungszeiten Samstag von 10 bis 14 Uhr. Auf einer Vernissage muss wegen Corona-Pandemie verzichtet werden.