Herne. Erzieher der evangelischen Kitas in Herne ärgern sich über das Paket des Ministeriums: Sie schicken die Bastelsets für Mund-Nase-Masken zurück.
Die Erzieherinnen und Erzieher der Kindergartengemeinschaft des evangelischen Kirchenkreises sind empört über die Paketlieferung, die sie vom NRW-Ministerium für Kinder, Familien, Flüchtlinge und Integration erhalten haben. Darin enthalten waren - neben einigen FFP2-Schutzmasken - zahlreiche Einzelteile zum Basteln von Mund-Nasen-Masken.
„Wir waren auf einer Fachkonferenz, als wir die Lieferung sahen“, berichtet Sandra Giepen, Leiterin der Kita Cranger Arche. Der riesige Karton enthielt lauter Einzelteile. „Es gab eine Liste, wie viele Masken jeder erhalten soll.“ Allein das Zusammensammeln der einzelnen Sets sei eine Zumutung gewesen. „Das Fließ hätte man noch stanzen müssen, dann Metallclips ankleben, Bänder zurecht schneiden und reinfriemeln und am Ende alles im Backofen sterilisieren!“ Noch bei der Konferenz sei man sich einig gewesen, dass dies eine Unverschämtheit ist und man die Sets ans Düsseldorfer Ministerium zurücksenden will.
Anleitung ist fehlerhaft
Andreas Baller, Leiter der Kita an der Johanniskirche, hat sich tatsächlich hingesetzt und eine der Masken zusammengebaut: „Bis man die Anleitung mal durch und alles zusammengesetzt hatte, hat über zehn Minuten gedauert“, sagt er. Hinzu komme noch, dass die Anleitung fehlerhaft sei. Zwar gehe es sicherlich schneller, wenn man es häufiger mache, aber die sei nicht die Aufgabe der Erzieher. „Wir sind eine pädagogische Bildungsstätte und kein VHS-Kurs zum Maskenbasteln“, betont Sandra Giepen. „Zumal das ja wohl die billigsten Einmalmasken sind.“
Die Versorgung mit Schutzmasken haben sie sich alle anders vorgestellt: „Wir haben infolge der Infektionsschutzbestimmungen zurzeit viel Mehrarbeit zu leisten, sodass wir gar nicht in der Lage sind, in unserer Arbeitszeit Masken zu basteln und anschließend zu sterilisieren“, sagt Livia Leichner, Leiterin des ev. Familienzentrums Holsterhauser Straße. Die Erzieher hatten eigentlich damit gerechnet, gebrauchsfertige Masken zu erhalten. „Aber das eigentlich Schlimme ist die mangelnde Wertschätzung für unseren Beruf, die sich hier zeigt: Wir sind keine Basteltanten, sondern tragen Verantwortung für kleine Menschen, die wir intensiv betreuen.“
Fehlende Wertschätzung macht zu schaffen
Erzieher hätten keine Lobby, die sich für sie einsetze, dazu komme der Fachkräftemangel: „Wir werden nur hingehalten“, ärgert sich Sonja Friedrichs-Müller, Leiterin des ev. Luther-Kindergartens. „Die Masken sind nur die Spitze des Eisbergs.“ Die Erzieherinnen und Erzieher wünschen sich endlich eine entsprechende Unterstützung und Anerkennung; „Eine angemessene Finanzierung und personelle Ausstattung sind überfällig“, sagt Pfarrer Arnd Röbbelen. „Zum Fachkräftemangel kommt erschwerend hinzu, dass jede fünfte Erzieherin, jeder fünfte Erzieher zur Risikogruppe zählt und nicht im Einsatz ist.“
Von Alltag in den Kitas keine Spur
Die Kitas laufen bis Ende August in NRW im eingeschränkten Regelbetrieb. Dabei ist die Betreuungszeit um zehn Stunden reduziert. Die Kitas öffnen täglich nur für sieben Stunden.
Die Gruppen seien zwar in voller Stärke da, aber sie dürfen sich nicht begegnen, sodass die Erzieher die Abläufe strikt durchplanen müssen. Jeder Toilettengang muss begleitet, der Waschraum stets sauber gehalten werden. Gleiches gilt für Spielgeräte.
Da aktuell die Erzieher festen Gruppen zugeordnet sind, die sich nicht begegnen und austauschen dürfen, ist die Lage noch angespannter. Werde jemand krank, könne es sein, dass Gruppen geschlossen werden müssen. Hinzu komme, dass kleinere Einrichtungen durch die aktuellen Regeln extrem eingeengt sind: „Wir haben einen Waschraum für alle. Das muss genau getaktet werden“, sagt Stefanie Plüß, Leiterin der ev. Kita Bertakids. „Die Situation ist im Moment für alle unerträglich, und dann erfährt man noch diese fehlende Wertschätzung.“ Zahlreiche Kartons tragen die Erzieher nun also zur Post, um sie ans Ministerium zu schicken. Beigelegt haben sie Briefen, in denen sie ihrem Unmut Luft machen: „Wir glauben nicht, dass wir eine Antwort bekommen“, sagt Livia Leichner. „Die ganze Aktion stand unter dem Motto: Gute gedacht, schlecht gemacht.“
Auch interessant