Herne. Der Autor Frank Goosen war jetzt zum Open Air bei Flottmann eingeladen. Er erwies sich einmal mehr als Meister der fein beobachteten Geschichte.
Sachen gibt’s, die überraschen selbst einen Frank Goosen nach 28 Jahren als Vorleser, Dichter und scharfer Beobachter seiner Zeit: Eben noch stand er in Berlin auf der Bühne und las aus seinem Buch über die Beatles, dann kam der Lockdown und seine Passion musste für eine ganze Weile ruhen. Doch war am vergangenen Freitag auf der kleinen Bühne hinter den Flottmann-Hallen von Niedergeschlagenheit keine Spur zu finden. Trotz aller Besonnenheit kommt der Bochumer Jung von nördlich der dat-das-Linie nicht ohne Kraftausdrücke aus, um seinem Unmut über die ganze „Corona-Scheiße“ Ausdruck zu verleihen, doch die Freude, endlich wieder spielen zu dürfen, überwiegt bei weitem.
Zwischen Kohlrouladen und Ruhruni
„Heimat, Fußball, Rockmusik“ heißt das Programm, in dem Frank Goosen bis tief zu den Wurzeln seiner Persönlichkeit gräbt und mit einer Menge Geröll eine Hand voll Geschichten zutage bringt, die im Kern eins vereint, nämlich die Liebe zu der Sache selbst. Da sind die Kohlrouladen der Omma, fest umschlossen von unlösbarem Garn, das ein Entrinnen des fleischigen Kerns im Grunde unmöglich macht und ihm seit seiner frühesten Kindheit die Nervenkarosserie eindellt.
Die nächsten Events
Mit Frischluft-Comedy geht es am Freitag, 26. Juni, 19.30 Uhr, auf der Open-Air-Bühne bei Flottmann weiter. Carmela de Feo, Lioba Albus und Sandra da Vina gestalten das dieses Mal rein weibliche Programm „Drei Damen mit K(o)rönchen“.
Nostalgie kommt am Samstag, 27. Juni, auf, wenn Herne 3 „altes Zeug und neue Lieder“ präsentieren, natürlich unter dem Titel „Immer wieder aufstehn“. Beginn: 19.30 Uhr.
Etwas später sei dann sehr schnell klar gewesen, dass harte, körperliche Arbeit sein Ding nicht sei, was zwar für Stirnrunzeln in seinem Umfeld sorgte und ihm den Ruf eines Faulpelzes einbrachte, doch eine glatte 1,0 auf dem Abschlusszeugnis der Ruhr-Universität Bochum bestätigte die Annahme, inmitten von Texten richtig zu sein. Neben Zettel und Stift sind offene Augen und gespitzte Ohren sicherlich Frank Goosens wichtigste Werkzeuge. Als Eingeborener des Großstadtdschungels durchstreift er ein Geflecht von Pop- und Lokalkultur und birgt dessen Schätze in wunderbaren Anekdoten.
Potpourri aus Geschichten
Vom Laberfürsten, der mühelos seinen Titel im schier endlosen Wortfluss verteidigt, so dass selbst der Tod nicht für Ruhe sorgen kann, bis hin zu den in die Kakophonie des Fußballstadions gebrüllte Begierde, sich untenrum erleichtern zu wollen, begreift Frank Goosen seine Umwelt als ein Potpourri aus Geschichten, die es wert sind, nicht vergessen zu werden und deren Protagonisten so als heimliche Helden des alltäglichen Wahnsinns geadelt werden.
Aus dem einst jungen Fan der Beatles ist längst ein aufgeklärter Kenner der Pilzköpfe von Übersee geworden, die auch schon dann eine Rolle in seinem Leben spielten, als die Menschen noch Petting sagten und Vorspiel meinten, sprich, im Jahr 1981. Das Mädchen hieß Michelle, gleich dem, das McCartney und Co. auf ihrem sechsten Studioalbum besangen und deren Name für ein Flickwerk jugendlicher Fantasien herhalten musste, doch so glaubhaft beschrieben, dass die Kumpels nur wenig Zweifel an ihrer Existenz hegten.
Sein Publikum ist restlos angetan, er spricht zu ihm als einer von ihnen, bloß etwas in der Sitzposition erhöht und nicht abgeneigt, auch mal etwas in die Runde zu fragen. Alles, was irgendwie wichtig scheint, findet am Freitag in Frank Goosens Texten seinen Platz, und doch kann man sich sicher sein, dass da noch einiges mehr zu finden ist, hört und schaut man nur genau hin.
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