Herne. Hat sich in Herne mittlerweile eine feste rechte Szene etabliert? Die Polizei sagt nein. Warum es vom „Bündnis Herne“ hier Gegenwind gibt.

Kann man in Herne nach der jüngsten Entwicklung von einer rechten Szene bzw. von festen Strukturen sprechen? Trotz des massiven Auftretens der Rechtsextremisten und -populisten im vergangenen Jahr verneint die Polizei diese Frage. Das weckt den Widerspruch des „Bündnis Herne“.

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„Aktuell gibt es keine Erkenntnisse, dass es eine verfestigte, etablierte Struktur mit rechtsextremistischer Ausrichtung gibt“, erklärt Polizeisprecher Volker Schütte auf Anfrage der WAZ. Dem aktuellen Zeitgeist entsprechend finde eine Polarisierung zwischen rechts-nationalen Auffassungen und eher links-liberal eingestuften Themen statt, die sich mit den Schlagworten „Fremdenfurcht, Überfremdung, Kriminalitätsfurcht“ umschreiben lasse.

Verweis auf überregionale Vernetzung

Trotz einer „objektiv sehr sicheren Lage“ in Herne gebe es eine „Kriminalitätsfurcht“. Auch Angehörige des bürgerlichen Spektrums folgten zumindest zeitweise den Aufrufen von „besorgten Bürgern“ bzw. von anderen einschlägig bekannten rechten Gruppen und Parteien. Das werde nach wie vor als temporäre Entwicklung bewertet, so Schütte.

„Die Erfahrungen hier in Herne bestätigen den Verfassungsschutzbericht, insbesondere was den Personenkreis und die überregionale Vernetzung betrifft“, erklärt das „Bündnis Herne“, dem Vertreter aus den Kirchen, Vereinen, Parteien, Initiativen sowie Einzelpersonen angehören. Die Einschätzung der Polizei betrachteten sie jedoch skeptisch: Der Kopf der „Bruderschaft Deutschland“, Ralf Nieland, pflege bekanntermaßen persönliche und private Beziehungen zur Herner Gruppierung. Und: Eine Gruppierung, die es nicht zuletzt auch durch dessen Unterstützung über Monate geschafft habe, für ihre Aufmärsche zu mobilisieren, „muss als verfestigt und etabliert angesehen werden“, so das Bündnis. In der Reichweite bis ins bürgerliche Spektrum hinein liege zudem die eigentliche Gefahr, die von der Polizei in ihrem Statement aber relativiert werde.

Bündnis will weiterhin Präsenz zeigen

Mit dem LWL-Museum für Archäologie erinnerte das „Bündnis Herne“ anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes an diesen „Tag der Befreiung“. Im Bild: Cordula Galla (re.) vom Bündnis und Museumsleiterin Doreen Mölders.
Mit dem LWL-Museum für Archäologie erinnerte das „Bündnis Herne“ anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes an diesen „Tag der Befreiung“. Im Bild: Cordula Galla (re.) vom Bündnis und Museumsleiterin Doreen Mölders. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Das Bündnis will auch in Zukunft aufmerksam und aktiv bleiben. Große Kundgebungen könnten zurzeit nicht das Mittel der Wahl sein, heißt es. Aktivitäten werde es erst einmal eher im virtuellen Raum geben. So hätten sie gemeinsam mit dem LWL-Museum für Archäologie am 9. Juni einen Livestream zum „Tag der Befreiung“ ins Internet gebracht. Und beim anstehenden virtuellen Herner Christopher Street Day würden sie sich ebenfalls mit einem Beitrag beteiligen.

Dennoch sei auch mit Präsenz des Bündnis Herne im öffentlichen Raum zu rechnen, „wie beim Kreisparteitag der AfD Herne am vergangenen Samstag zu sehen war“. loc