Herne. Masken, Listen und Abstandsregeln machen den Herner Gastronomen momentan das Leben schwer. Trotzdem freuen sich alle auf ihre Gäste.
„Ich hasse diese Maske“, zischt die Servicekraft im „Meistertrunk“ am Dienstagabend. Aber vielleicht ist der Kellner ja auch ganz froh, dass er sie tragen muss. Weil die Restaurants seit Montag wieder Gäste empfangen dürfen - unter den entsprechenden Voraussetzungen. Die WAZ hat verschiedene Gastronomen nach ihren Erfahrungen gefragt.
Meistertrunk
Es ist übersichtlich im Wintergarten, wo an einem normalen Abend alle Tische besetzt sind. Aber das hat Jakov Basic kaum anders erwartet. Die Menschen seien eben noch zurückhaltend, das gelte gerade für Eickel, wo relativ viele ältere Gäste wohnen. Zur Wieder-Öffnung bietet der Meistertrunk alle Gerichte der regulären Karte an, doch es könne sein, dass man reduzieren müsse, so Basic. „Da sind wir in einer Lernphase.“
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Gute Stube
Für Hendrik van Dillen, den Pächter der „Guten Stube“, gibt es in dieser Woche auf jeden Fall einen kleinen Lichtblick: Die Ausstrahlung der Sendung „Mein Lokal - Dein Lokal“, an der das Restaurant teilgenommen hat, sei auf viel positive Resonanz gestoßen, so van Dillen im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion.
Daneben sei auch die Resonanz am ersten Wieder-Öffnungstag am Dienstag positiv gewesen. Das Restaurant sei gut gefüllt gewesen. Den Abstand zwischen den Tischen einzuhalten sei nicht schwer gewesen, da das Haus über genügend Platz verfüge. Die Atmosphäre sei eigentlich wie immer, natürlich mit Ausnahme der Masken, die das Servicepersonal tragen muss. „Das ist kein schönes Bild“, so van Dillen.
Auch für die kommenden Tage sei die Buchungslage recht gut, doch die Frage sei, ob das auch reiche, um am Ende Geld zu verdienen. Denn in der Gesamtkalkulation spielen Veranstaltungen wie Hochzeiten, Geburtstage oder Firmenfeiern die entscheidende Rolle. Deshalb werde er mit der spitzen Feder rechnen, ob mit dem à la carte-Geschäft alleine die Rechnung aufgeht. Stehe Ende Mai unter dem Strich eine rote Zahl, könne es sein, dass die „Gute Stube“ eine schöpferische Pause bis September einlege.
Hülsmann
In der Kulturbrauerei Hülsmann war Wirt Sabedin Houssein Oglou nicht untätig. „Die vorübergehende Schließung haben wir genutzt, um zu renovieren und wieder eine kleine Karte mit Essen einzuführen“, erklärt „Sabby“. Über der Theke gibt es jetzt einen Spuckschutz, Desinfektionsmittel steht bereit, Gäste müssen sich in Listen eintragen. „Ich hoffe, dass Gäste für diese Maßnahmen Verständnis aufbringen werden“, sagt „Sabby“.
Ein wenig hadert er mit der Informationspolitik der zuständigen Stellen. „Das kam leider immer nur stückchenweise.“ Dennoch ist er froh, wieder öffnen zu dürfen. „Ich bin jetzt nicht nur Wirt, Koch und Chef, sondern auch noch Sozialpädagoge“, spielt er auf das ständige Erklären der Verhaltensregeln an. Im Juni soll, Stand jetzt, die erste Veranstaltung folgen - ein weiterer Schritt zurück zur Normalität.
Café Extrablatt
„Nicht so sehr hohe Erwartungen“ hatte Julian Rommel, Geschäftsführer des Café Extrablatts am Robert-Brauner-Platz, vor dem Neustart, doch das Geschäft steigere sich von Tag zu Tag. Die Auflagen habe er problemlos erfüllen können, für eine Übergangszeit sei das machbar. Dass ausgerechnet zum Wiederbeginn die Eisheiligen ihrem Namen gerecht geworden sind - das Ist Pech. Denn. Die Terrasse spielt eine wichtige Rolle für Rommel. Wenn sie bei Sonne und höheren Temperaturen wieder gut besetzt sei, helfe das weiter.
Fratelli
Mit einem kleinen blauen „Reserviert“-Schildchen auf jedem zweiten Tisch hält man im Restaurant Fratelli diskret das Abstandsgebot ein. 44 Gäste konnte Inhaber Mimmo Braccioforte einmal unterbringen, momentan sind es genau die Hälfte, plus Außengastronomie. Die ersten beiden Tage liefen schleppend in dem vorher stets vollen italienischen Restaurant. Dass es sich so nicht wirtschaftlich arbeiten lässt, verschweigt der Gastronom nicht, auch wenn er aktuell seine Gäste in zwei Schichten empfängt, von 17 bis 19 Uhr und von 19 Uhr bis zum Feierabend.
„Aber wir wollen nach sieben Wochen wieder präsent sein“, sagt Braccioforte, „und unsere Kunden nicht verlieren.“ Dafür nimmt das Team einiges auf sich, auch die ungeliebten Masken. „Damit können wir keinem Gast mehr ein Lächeln schenken“, bedauert der Restaurant-Chef, der trotzdem „nicht rumheulen“ will: „Das wird schon wieder kommen.“ Auch die Gäste arrangieren sich offenbar: „Gestern waren drei Freundinnen da“, erzählt der Wirt, „aus drei Haushalten.“ Zwei hätten an einem Tisch gesessen, eine zwei Tische weiter. „Die haben es mit Humor genommen.“
Elsässer Stuben
In der Elsässer Stube hätten einige Stammgäste gleich am ersten Abend wieder das Essen genossen, berichtet Inhaberin Gudrun Kroll. Nachdem am Wochenende Abstände auszumessen und eine Raumskizze anzufertigen war, mussten auch die Speisekarten neu geschrieben werden - damit sie künftig in laminierter Form desinfiziert werden können. Als „Super-Härte für alle Beteiligten“ erlebt Gudrun Kroll die Maskenpflicht, der nicht nur der Service, sondern auch die Küchenkräfte unterliegen. „Es gibt sogar Empfehlungen, nicht mit den Gästen zu sprechen“, wundert sich die Gastronomin.
Trotzdem: „Wir sind glücklich, dass wir wieder öffnen dürfen und unsere Leute aus der Kurzarbeit raus sind.“ Mehr als „maximal 40 bis 45 Prozent Belegung“ seien unter den derzeitigen Bedingungen allerdings nicht zu erzielen. Deshalb habe auch die Elsässer Stube zwei Schichten eingeführt. Ob sich auch die erste, von 17 bis 20 Uhr, durchsetze, sei abzuwarten. Bei Gruppen verfährt Gudrun Kroll wie das Fratelli: Sie müssen an mehreren Tischen Platz nehmen.
Zille
Ein normaler Dienstag sieht für Stefan Rustemeier anders aus: Mit etwa 80 Prozent Umsatzeinbußen schloss der Wirt der „Zille“ an seinem ersten Öffnungstag nach der Zwangspause ab. „Unsere Gäste sind verunsichert“, stellt er fest. „Viele haben noch für Mai ihre Tische abgesagt.“ Traditionell treffen sich in der Kulturzentrumsgaststätte mit ihren Nebenräumen viele Gruppen. Dies ist nun nur noch in sehr reduzierter Form möglich: „In Saal Crange bekommt man mit Abstand zwölf Personen unter.“ Früher waren es 80.
Nachmittags schließt die „Zille“ neuerdings von 15 bis 17.30 Uhr. Mit seinem Lieferservice versucht Rustemeier wenigstens einen Teil seiner Einbußen auszugleichen. Seine Speisen „to go“ reichen von Panhas bis zum Schweinefilet mit Spargel. „Den Service halten wir erst mal aufrecht.“
Lisa
Als Feinkosthandel durfte „Lisa“ an der Bebelstraße geöffnet bleiben, während überall die Restaurants schlossen. Ihre Gäste vor Ort bewirten darf Inhaberin Lisa Frost auch erst wieder seit dieser Woche, unter den üblichen Bedingungen.
25 Sitzplätze hat sie in dem kleinen, gemütlichen Ladenlokal nach und nach eingerichtet - theoretisch, denn nur sieben dürfen jetzt noch besetzt sein, bei höchstens acht Menschen gleichzeitig im Geschäft. Doch der Andrang hält sich noch in Grenzen. „70 Prozent der Bestellungen gehen außer Haus“, stellt die Inhaberin für die Coronazeit fest. Hätte sie nur die Einnahme aus dem Mittagstisch im Lokal, würde es schwierig. Um die Verluste aufzufangen, verzichtet Lisa Frost nun auf ihrer freien Montag und macht vieles allein. Zwei Mitarbeiterinnen sind in Kurzarbeit.