Herne. Corona zwingt auch das Herner Rockbüro in die Knie. Sogar „Heiko“ fällt flach. Ein Gespräch mit den Mitbegründern Jakob Terlau und Mathias Exner.
Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Tusch für den zehnjährigen Geburtstag des Rockbüros in Herne geblasen werden, doch bedingt durch die Corona-Krise ist derzeit niemandem so recht zum Feiern zumute. Stattdessen finden sich Jakob Terlau und Mathias Exner vor ihren Bildschirmen wieder, um die Kontaktsperre via neue Medien zu umgehen und mit Christian Steube genau darüber zu reden.
Das hättet ihr euch auch bestimmt anders gewünscht, oder?
Terlau : Ja klar. Eine interne Party war auch geplant, die haben wir jetzt aber auch verschoben.
Exner: Wir hätten uns zum Zehnjährigen etwas mehr Tamtam gewünscht, aber so ist das eben. Wir fallen jetzt in einen Winterschlaf. Finanziell passiert uns da weiter nichts, aber unser Herz hängt am Konzertbetrieb und man hat auch sicherlich ein Tränchen vergossen.
Wann und wie hat sich die Krise denn erstmals für das Rockbüro bemerkbar gemacht?
Terlau : Als sich der Krisenstab in Herne formiert hat, kam schnell eine Pressemitteilung, die Veranstaltungen über 50 Besucher abgesagt hat und das Rockbüro war da namentlich erwähnt. Das betraf erst mal das Konzert im März. Doch schließlich haben wir den Gesamtbetrieb eingestellt und etwas später dann die Entscheidung getroffen, dass wir das Heisterkamp Open Air absagen.
Eine sicherlich harte Entscheidung.
Terlau : Es war mehr oder weniger alles fertig. Die Verträge mit den Bands waren bereit, unterschrieben zu werden, aber vorher haben wir die Reißleine gezogen. Wir sind als Rockbüro, was die Finanzen angeht, jedoch glimpflich aus der Sache rausgekommen, da wir als Verein in der glücklichen Situation sind, keine Personalkosten tragen zu müssen.
Exner: Es ist auch die Verantwortung gegenüber den Leuten, denn das Virus kann sich in Wellen ausbreiten und wir können nicht absehen, wie sich das Ganze entwickeln wird. Vielleicht wird es Ende des Jahres noch was geben, aber so was Großes kann man nicht verschieben.
Wie gehen die Bands damit um, jetzt keine Bühne zu bekommen?
Terlau : Das Verständnis der Bands ist sehr groß, aber es gibt Unterschiede zwischen Bands, die ihren Lebensunterhalt mit der Musik verdienen, und lokalen Gruppen. Wir haben in zehn Jahren noch nie eine Veranstaltung abgesagt und jetzt den kompletten Konzertbetrieb. Ein Teil der ausgefallenen Gagen konnte aber von Geldern der Landesregierung ersetzt werden.
Ihr fühlt euch als Kulturschaffende also nicht im Stich gelassen?
Terlau : Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die zur Zeit alle irgendwie betroffen sind: Bands bekommen keine Gagen, Techniker können nichts aufbauen und kein Geld verdienen. Es ist erschreckend zu sehen, wie weitreichend das Ganze ist. Die Soforthilfen funktionieren ganz gut, aber ich habe das Gefühl, dass es die Kulturbranche extrem hart trifft, aber auch die wird gerade mitbedacht. Ob das reichen wird? Ich hoffe ja. Aber die Kulturlandschaft wird danach nicht mehr die gleiche sein.
Mehr Infos zum Rockbüro
Jakob Terlau (36) ist Lehrer am Berufskolleg für Mediengestaltung, Vorstand und zuständig für PR beim Rockbüro. Mathias Exner (39) ist Sozialarbeiter an einer Realschule und Booker beim Rockbüro.
Gegründet wurde das Rockbüro als gemeinnütziger Verein am 12. Juli 2010 von musikbegeisterten Ehrenamtlern aus den Bereichen Musikmanagement, Grafikdesign, Presse-, Jugendarbeit und Marketing im Stadtteilzentrum Pluto, wo bis heute seine Räumlichkeiten sind.
Das Heisterkamp Open Air - oder einfach Heiko – sollte im Juni 2020 zum fünften Mal stattfinden und ist mittlerweile ein über die Stadtgrenzen hinaus beliebtes, genreübergreifendes Musikfestival.
Exner: Natürlich ist das gerade Scheiße, aber auch nicht alles. Es entstehen neue Dinge und es wird sich mit neuen Dingen auseinander gesetzt. Es wird immer einen kreativen Output geben und der Scherbenhaufen wird sich neu zusammensetzen. Veränderungen wird es auf jeden Fall geben.
Terlau: Veranstalter müssen sich auch neu aufstellen. Es passieren nun Dinge, die vorher nicht denkbar waren.
Könnt ihr euch vorstellen, dass die Krise einen bleibenden Einfluss auf die Musiklandschaft haben wird?
Terlau : Das wird Künstler sicherlich beeinflussen. Viele Bands etwa proben online über das Internet. Ich bin gespannt zu sehen, was passiert, wenn Bands nach Monaten wieder zusammen proben. Das wird ein Urknall, jedoch wird es auch leider welche geben, die auf der Strecke bleiben.
Exner: Kunst ist Betrachten und Erleben, was vielleicht als Gemeinschaft eine neue Wertigkeit bekommt. Man muss sich auch an etwas Positivem festhalten, denn positiv Denken gibt Hoffnung, das alles durchzustehen, um bald zu einem normalen Leben zurückzukommen.
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