Herne. Im Marien Hospital und St. Anna Hospital sind wegen Corona viele Betten nicht belegt. Warum die Kliniken sogar Kurzarbeit nicht ausschließen.

Die Corona-Krise setzt die Krankenhäuser zunehmend unter finanziellen Druck. Das gilt auch für die St. Elisabeth Gruppe. Der Klinikverbund - zu dem auch das Marien Hospital und das St. Anna Hospital in Herne gehören - fordert seine Mitarbeiter in einem Brief dazu auf, Überstunden abzubauen. Geschehe dies nicht, so Gruppen-Geschäftsführer Theo Freitag in dem (der WAZ vorliegenden) Schreiben, drohe angesichts der angespannten Lage Kurzarbeit.

Patienten verschieben OP-Termine

"Die Elisabeth Gruppe braucht Ihre Unterstützung: Jetzt weniger und in der 2. Jahreshälfte mehr arbeiten" - so lautet die Überschrift des Briefes der Geschäftsführung an die Belegschaft. Die Verunsicherung durch die Corona-Krise habe dazu geführt, dass viele Patienten ihre Behandlungen verschoben hätten, schreibt Theo Freitag. Dies bedeute, dass in den einzelnen Schichten weniger Mitarbeiter benötigt würden." Das betreffe neben Ärzten und Pflegekräften unter anderem auch Reinigungskräfte, Mitarbeiter in der Küche, der Technik, der IT, der Patientenaufnahme und Sekretariate. Die Gruppe beschäftigt derzeit 5200 Mitarbeiter, davon 4300 in Herne.

Gleichzeitig sei absehbar, dass "noch in diesem Jahr sehr viele Patienten unsere Krankenhäuser aufsuchen werden, wenn die Bedeutung von Corona abgenommen hat", so Freitag. Nach aktuellen Schätzungen werde dies erst in der zweiten Jahreshälfte passieren.

Geschäftsführung berichtet über hohe Einnahmeausfälle

Die gesunkenen Patientenzahlen führten bereits jetzt zu hohen Einnahmeausfällen, was die Gruppe vor große finanzielle Herausforderungen stelle. Der Vorschlag der Geschäftsführung: Die Beschäftigten sollten nun Überstunden abbauen, Urlaub nehmen (auch unbezahlt) oder sogar Minusstunden machen, um in der zweiten Jahreshälfte zur Verfügung zu stehen. Sollte dies nicht gelingen, "wird die St. Elisabeth-Gruppe leider einen Antrag auf Kurzarbeit stellen müssen", so Freitag.

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Aktuell seien rund 50 Prozent der Betten in den Krankenhäusern der Gruppe nicht belegt, erklärt Theo Freitag auf Anfrage der WAZ. Das Marien Hospital hat derzeit 545 Betten, das St. Anna Hospital 380, das Rheumazentrum in Wanne 148 und das St. Marien Hospital Eickel 158. Und wenn es nun kurzfristig zu einem deutlichen Anstieg der stationären Corona-Patienten kommen sollte? Dann würden ausgeruhte Mitarbeiter kurzfristig die Versorgung übernehmen können, so der Geschäftsführer. Die derzeitige Pandemie-Situation deute aber nicht auf eine solche Entwicklung hin.

Die Gruppe habe gegenüber allen Mitarbeitern die Verantwortung, langfristig die Gehälter bezahlen zu können. Wenn erkennbar sei, dass dies langfristig in Gefahr sei, weil der Rettungsschirm von Bund und Land nicht reiche, müsse entsprechend reagiert werden, so Freitag zur WAZ. Die Vorsitzenden der Mitarbeitervertretungen der St. Elisabeth Gruppe hätten ihre Unterstützung in einer gemeinsamen Sitzung zugesagt.

Es stellt sich auch eine rechtliche Frage: Könnte die Elisabeth-Gruppe Kurzarbeit anmelden, wenn die Überstundenkonten noch gefüllt sind? Der Zugang zur Kurzarbeit sei in Folge der Corona-Krise vereinfacht worden, berichtet die Agentur für Arbeit auf Anfrage. Trotzdem gibt es für Unternehmen hier nach wie vor einige Beschränkungen bezüglich bestehender Überstunden.

Die Elisabeth-Gruppe ist aber inzwischen zuversichtlich, auf Kurzarbeit verzichten zu können: Einige Abteilungen hätten auf den ersten Arbeitsrückgang bereits "proaktiv mit dem Abbau von Überstunden reagiert", so Freitag am Donnerstagnachmittag zur WAZ. Insgesamt zeichne sich daher eine "sehr positive Entwicklung" in der Gruppe ab.

Lage am EvK ist derzeit entspannter

Bei der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft (EvK) stellt sich die aktuelle Situation etwas anders dar. Von den 445 Betten an den beiden Herner Standorten Wiescherstraße und Hordeler Straße seien derzeit 345 belegt, berichtet EvK-Geschäftsführer Heinz-Werner Bitter auf Anfrage. Entsprechend der Vorgaben des Bundes seien sie damit vorbereitet auf Corona-Patienten.

Um für die Aufnahme und Behandlung dieser Patienten gerüstet zu sein, hielten sie derzeit das gesamte Personal - aktuell 1129 Mitarbeiter - vor. Der bereits vor der Corona-Krise von Beschäftigten geplante Osterurlaub werde jedoch gewährt. "Darüber hinaus begrüßen wir es natürlich, wenn diese ruhige Phase genutzt wird, um Überstunden zu nehmen", so Bitter.

Der Geschäftsführer sieht derzeit keine Notwendigkeit, über Kurzarbeit nachzudenken. In den nächsten Tagen erhalte das EvK Informationen über die Höhe der Auszahlungen aus dem Rettungsschirm von Bund und Land. "Erst wenn wir wissen, wie hoch die Ausgleichszahlungen für die geringere Bettenbelegung ausfallen werden, können wir sagen, wie sich die finanzielle Lage für uns darstelt", erklärt Bitter.

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