Herne. Am Mittwoch wurden die ersten vier Corona-Fälle in Herne bestätigt. Im Gespräch mit der WAZ schildert ein Infizierter Infektion und Quarantäne.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis es den ersten Corona-Infizierten in Herne geben wird - dies war allen Verantwortlichen klar: Am Dienstag war die Zeit gekommen. Zu diesem Zeitpunkt wusste die Stadt, dass sich vier Herner infiziert hatten, am Mittwoch folgte die offizielle Bestätigung. Einer der Infizierten schildert im Telefongespräch mit der Herner WAZ-Redaktion, wie er sich angesteckt hat und wie es ihm und seiner Familie geht.
Selbstverständlich nennen wir nicht den Namen des Patienten, wir geben ihm für diese Berichterstattung den Allerweltsnamen Hans Schmidt.
Infektionskette über eine Geburtstagsparty mit infiziertem Gast aus Berlin
Er habe sich am 3. März angesteckt, erzählt er. Warum er das so genau weiß? Schmidts Arbeitskollege war zuvor auf einer Geburtstagsparty, auf der wiederum eine Frau aus Berlin war, die bereits infiziert war. Sie steckte Schmidts Kollegen an - und mit diesem hatte Schmidt am 3. März ein eineinhalbstündiges Meeting. Dieser Fall offenbart, wie schnell sich Infektionsketten knüpfen können. Schmidt selbst zeigte einige Tage später typische Grippesymptome: Schüttelfrost und Fieber. Seine Hausärztin habe Corona zunächst für wenig wahrscheinlich gehalten, ihn aber bis einschließlich Freitag, 13. März, krankgeschrieben.
Dass es sich doch um das Virus handeln könnte, erfuhr er durch seinen Arbeitgeber. Der hatte eine Mail verschickt, in der alle Mitarbeiter, die vermutlich Kontakt zum Infizierten hatten, aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben. Am Montag bekam Schmidt dann ein Schreiben vom Herner Gesundheitsamt, dass er Kontakt zu positiv getesteten Personen gehabt habe.
Ehepaar hat Kabarettveranstaltung besucht, als es noch keine Symptome hatte
Schmidt und seine Frau - die eine Verbindung zum Gymnasium Eickel hat - und ihr Sohn erhielten jeweils ein Testpäckchen. Das Ergebnis: Die Eltern haben das Virus in sich, der Sohn nicht. Die Konsequenz: Bis zum 18. März steht die gesamte Familie unter häuslicher Quarantäne. Der Kontakt zum Gymnasium war auch die Ursache dafür, dass es bis zum 18. März geschlossen bleibt. Doch wenn Schmidt von den Dingen erzählt, die seine Frau und er unternommen haben, als er noch keine Anzeichen der Krankheit gezeigt hat, bekommt man eine Ahnung, wie schnell das Coronavirus um sich greifen kann. So haben beide eine Kabarettveranstaltung - nicht in Herne! - besucht, bei der rund 250 Zuschauer waren. Vor diesem Hintergrund scheint auch die Grenze von 1000 Personen für Veranstaltungen ein wenig willkürlich gewählt.
Der Krankheitsverlauf ist bei Schmidt (55) und seiner Frau sehr unterschiedlich. Er hatte einige Tage über 39 Grad Fieber und einen „nervigen trockenen“ Husten. Seine Frau sei ohne jegliche Symptome. Trotz Fieber und Husten sagt Schmidt, dass eine Grippe schlimmer sei. Er habe den Vergleich.
Freunde bringen benötigte Dinge bis zur Haustür
Mit der Quarantäne hat sich die Familie arrangiert. Eltern und Sohn müssen sich aus dem Weg gehen und auch die Mahlzeiten getrennt einnehmen, was im Einfamilienhaus durchaus möglich sei. Die Versorgung sei kein Problem. Vor einigen Wochen hatte Schmidt beim Einkauf aus irgendeinem Impuls heraus ein paar Dosen Ravioli in den Einkaufswagen gepackt, aber es sei weit von einem Hamsterkauf entfernt gewesen. Außerdem helfen auch Eltern und Freunde. Mal bestellten die Familien selbst etwas, so Schmidt, mal fragten die Freunde, ob sie etwas benötigen. Die Übergabe findet so statt: Die Dinge würden vor der Tür abgelegt, Freunde oder Familie entfernten sich dann wieder. Anschließend holten sie die Sachen herein und riefen aus sicherer Entfernung zu den Freunden ein „Danke“.
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Gerade für den Sohn (25) sei die Isolation langweilig, so Schmidt. Wie es nach dem 18. März weitergeht, wenn die Quarantäne endet, weiß Schmidt noch nicht, aber das werde sich klären. Das Herner Gesundheitsamt habe jedenfalls bislang sehr professionell agiert, „damit sind wir sehr zufrieden“.