Herne. Der österreichische Buchpreisträger Norbert Gstrein war zu Gast im Literaturhaus Herne. Der Lesung folgte ein angeregtes Publikumsgespräch.

Die Flucht vor sich selbst führt in eine Sackgasse. Das ist die Botschaft von Norbert Gstreins aktuellem Roman „Als ich jung war“, den der mehrfach ausgezeichnete Autor am Donnerstagabend im Literaturhaus vorstellte.

Skilehrer und Hochzeitsfotograf

Der Protagonist und Erzähler Franz stammt aus dem hintersten Winkel der Tiroler Berge, er wird nach einem abgebrochenen Medizin- und Sprachstudium Skilehrer und Hochzeitsfotograf im Restaurant seiner Eltern. Nach dem unerklärlichen Tod einer jungen Braut lebt er 13 Jahre im US-amerikanischen Wyoming, ebenfalls wieder als Skilehrer und Fotograf.

Und wieder stirbt jemand bei einer Hochzeit unter mysteriösen Umständen: der mit dem Erzähler befreundete Physikprofessor Jan, der als pädophil gilt. Er hatte Franz ein Jahr zuvor angeboten, ihn zu adoptieren, wenn er bereit sei, in Seattle zu wohnen. Missbrauchserfahrungen hatte Franz selbst in seiner Internatszeit bei den Übergriffen älterer Jungen erlebt.

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Krimi und Unterhaltungsroman

Norbert Gstreins ruhige, unaufgeregte und doch gerade durch ihre leisen Töne spannende Lesung lässt anhand der ausgewählten Beispiele deutlich werden, wie der Autor in einer kunstvollen Verrätselung zwei Handlungsstränge in Beziehung zueinander setzt, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Zeitsprünge durch Vor- und Rückblenden sind typische Elemente eines Krimis, die der Autor mit dem Erzählstil eines Unterhaltungsromans verbindet. Franz erweist sich dabei als unzuverlässiger Erzähler, so dass vieles ambivalent bleibt. Zwischen den Zeilen zu lesen bleibt eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung bei der Lektüre dieses Romans. Lokalkolorit steuern nicht zuletzt originelle Charaktere wie zum Beispiel die Schnapslady Eileen bei. Ein letzter Rest Geheimnis bleibt, das kommt auch in dem scheinbar so teilnahmslos-distanzierten und doch so fesselnden Vortrag von Norbert Gstrein zum Ausdruck.

Fragen zur Arbeitsweise

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An die Lesung im Literaturhaus schließt sich ein angeregtes Publikumsgespräch an, in dem vor allem Fragen zur Arbeitsweise des Autors gestellt werden. „Früher habe ich viel mehr recherchiert, jetzt habe ich ein paar den Roman prägende Situationen vor mir, wenn ich anfange zu schreiben“, erzählt der Alfred-Döblin- und Uwe-Johnson-Preisträger, der für „Als ich jung war“ 2019 den Österreichischen Buchpreis gewann. Seine Toleranzgrenze gegenüber seinen Figuren ist hoch: „Für mich sind sie normal, auch wenn sie oft als ,sozial problematisch’ wahrgenommen werden.“