Herne. Alles bleibt anders: Herner Wähler müssen sich für die Kommunalwahl am 13. September 2020 auf einige Neuerungen einstellen. Das wird sich ändern.
Die Stadt hat den Startschuss für die Kommunalwahl am 13. September 2020 gegeben. Und die hat es schon vor der Stimmabgabe in sich: In fast allen Herner Ratswahlkreisen stehen aus rechtlichen Gründen zahlreiche Veränderungen an. Neuerungen soll es auch bei den Wahllokalen geben.
„Wir haben gebastelt und gebastelt“, berichtete Oberbürgermeister Frank Dudda am Dienstag in der Sitzung des Wahlausschusses. Vor allem die umstrittene Änderung des Landeswahlgesetzes durch Schwarz-Gelb hat diese Anstrengungen erforderlich gemacht.
Worum geht es?
CDU und FDP haben im Landtag die Abschaffung der OB-Stichwahl (siehe Kasten) sowie die Änderung der Berechnungsgrundlage für die Kommunalwahlkreise beschlossen. Auf den Punkt gebracht: Für die Größe eines Ratswahlkreises wird nur noch die Zahl der Wahlberechtigten (Deutsche und EU-Ausländer) herangezogen, nicht mehr jedoch die Zahl sogenannte Drittstaatler wie zum Beispiel Türken.
Was hat das für Auswirkungen?
Um dem neuen Recht Genüge zu tun und um möglichst gleich große Wahlkreise zu haben, müssen die Grenzen von 23 der insgesamt 27 Herner Ratswahlkreise verschoben werden. Ihren bisherigen Zuschnitt werden nur Unser Fritz/Crange und Bickern sowie Horsthausen und Sodingen-Süd behalten. Einige „natürliche Grenzen“ wie Hauptstraßen oder Autobahnen müssen aufgehoben werden. Aber: Die Bezirksgrenzen haben nach wie vor Bestand.
Abschaffung der Stichwahl
Der Beschluss von Schwarz-Gelb, eine Stichwahl bei der Oberbürgermeisterwahl abzuschaffen, wenn kein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht, führt zu noch größeren Auseinandersetzungen als die Wahlkreisreform.
Auch SPD-MdL Alexander Vogt wirft CDU und FDP vor, dass die Entscheidung allein auf wahltaktisches Kalkül zurückzuführen sei. Thomas Nückel (FDP) kann mit dem Beschluss leben: Er verweist darauf, dass die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen der beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmanteilen zuletzt immer geringer geworden sei.
Alle Wahlkreise haben künftig zwischen knapp 4000 und 4900 Wahlberechtigte, nach altem Recht hätte die Spannbreite 3679 bis 5772 betragen. Das hätte in einigen Fällen auch ohne Gesetzesänderung zu Änderungen führen müssen - darf die Abweichung doch nicht höher als 25 Prozent des Durchschnitts im gesamten Wahlgebiet sein.
Die größten Änderungen stehen 2020 in Strünkede (minus 1300 Wahlberechtigte) und Alt-Herne (plus 700 Wahlberechtigte) an. Ob diese oder andere Verschiebungen eine große bzw. entscheidende Rolle beim Wahlausgang spielen könnte, darüber ließe sich trefflich spekulieren. In größeren Städten hat die Reform allerdings bereits jetzt Folgen. Zum Beispiel in Essen: Dort soll der Essener Norden - eine SPD-Hochburg- einen Wahlkreis an den (eher „schwarzen“) Essener Süden verlieren.
Was tut sich bei den Wahllokalen?
Die Stadt wolle künftig nur noch drei Wahllokale in jedem Wahlkreis einrichten, kündigte die städtische Wahl-Chefin Bianca Hudziak im Ausschuss an. Die Zahl der Wahllokale würde sich dadurch von zuletzt 95 auf insgesamt 81 reduzieren, was aber immer noch rechtskonform sei. Die Verwaltung hat den Mitgliedern des Wahlausschusses eine erste Vorschlagsliste für die Standorte der Wahllokale überreicht.
Was sagt die Politik?
Der Herner Wahlausschuss hat den Vorschlag der Stadt über die Umsetzung der Wahlkreisreform am Dienstag einstimmig beschlossen. Bei den Herner Landtagsabgeordneten gibt es dagegen große Differenzen über den Inhalt dieser Reform. Alexander Vogt (SPD) beklagt, dass wohl aus taktischen Gründen Drittstaatler herausgerechnet würden. „Die gewählten Stadtverordneten machen schließlich Politik für alle Einwohner.“ Thomas Nückel (FDP) hält das neue Gesetz dagegen für gerechter. Jede abgegebene Stimme habe damit in etwa das gleiche Gewicht, so der Liberale.
Sind nun formal alle Weichen für die Kommunalwahl gestellt?
Jein! SPD und Grüne haben eine Verfassungsklage sowohl gegen die Abschaffung der Stichwahl als auch gegen die neue Berechnungsgrundlage für Ratswahlkreise erhoben. Der Richterspruch hätte jedoch auf die Wahlkreiseinteilung in Herne keine Auswirkungen: Das vorweihnachtliche Basteln des städtischen Wahlteams hat dazu geführt, dass Herne auf der sicheren Seite ist und der neue Zuschnitt so oder so rechtskonform wäre.
Die Parteien können der Stadt ihre Kandidaten für die Kommunalwahl bis zum 16. Juli melden. Am 27. Juli wird der Wahlausschuss über die Zulassung der Vorschläge entscheiden.