Herne. Der Roman „Schutzzone“ gilt als eine der literarischen Entdeckungen der Saison. Seine Autorin Nora Bossong war jetzt zu Gast im Literaturhaus.

Kein Feuilleton, das in in diesem Hebst nicht „Schutzzone“ besprochen hätte, keine Literatursendung, in der Nora Bossong nicht auftrat. Und dann wurde sie auch noch für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ein Glück, dass das Literaturhaus sie da schon eingeladen hatte. Am Dienstag las die in Berlin lebende Autorin in Herne Passagen aus ihrem Roman und ließ sich von der Literaturkritikerin Insa Wilke befragen.

Ortswechsel und Zeitsprünge

Gegenstand von „Schutzzone“ sind die Vereinten Nationen, für die die Protagonistin Mira in Genf arbeitet. Zufällig trifft sie dort Milan wieder und es entwickelt sich etwas zwischen den beiden. In seiner Familie hat sie einige Zeit als Kind gelebt, was der Zeitsprung zurück in die 90er Jahre bei Bonn erzählt. Es soll nicht der einzige Zeit- und Ortswechsel bleiben. Später folgen die Zuhörer Mira nach Süd-Kivu im Kongo. Dort begegnet sie in einem Lager Zacharias, der Journalisten gegen Geld gute Geschichten liefert. Weitere Stationen im Buch - aber nicht an diesem Abend - sind New York, Zypern und Burundi.

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Bereits in diesen zwei gelesenen Passagen deuten sich die großen Themen des Romans an, die Insa Wilke im Gespräch mit Nora Bossong herausarbeitet. Verdienst und Scheitern der UN, Gerechtigkeit, Wahrheit, Schuld und Versöhnung. Die Vereinten Nationen hätten sie „als größte weltpolitische Bühne“ schon immer fasziniert, erklärt Nora Bossong, Jahrgang 1982. Sie habe die Größe der Institution „gespiegelt durch die Figuren“ darstellen wollen. Die Mitarbeitenden der UN durchliefen drei Schritte, habe sie in Gesprächen erfahren: zunächst Idealisierung der großen Aufgaben, dann Pragmatismus, am Ende Zynismus. Sie habe das „Ringen“ zeigen wollen. „Ich verteidige die UN trotz all meiner Kritik“, sagte die Autorin im anschließenden Publikumsgespräch.

Ein anspruchsvoller Abend mit zwei klugen Literaturkennerinnen, der besonders diejenigen unter den Besuchern forderte, die den komplexen Roman noch nicht gelesen hatten.