Herne. In Herne sind in den vergangenen drei Jahren 4163 Bäume zur Abholzung freigegeben worden. Nachgepflanzt wurden deutlich weniger Bäume.

In Herne hat die Stadt zwischen 2016 und 2018 insgesamt 4163 Bäume zur Abholzung freigegeben. Das geht aus einer Antwort der Stadt an die Fraktion Piraten/Alternative Liste (AL) hervor. Nachgepflanzt wurden weit weniger Bäume.

Michael Eilebrecht von Piraten/AL hatte die Stadt schriftlich gebeten, die Zahl der Fäll-Genehmigungen sowie der Ersatzpflanzungen in den drei besagten Jahren zu beziffern, außerdem fragte er, wie sich die Ökobilanz nach den Abholzungen verändert habe.

Auch Bäume durch Orkantief Friederike betroffen

Er zog Bilanz zu den Baumfällungen: Thilo Sengupta (Stadt).
Er zog Bilanz zu den Baumfällungen: Thilo Sengupta (Stadt). © WAZ FotoPool | Rainer Raffalski

Wie Thilo Sengupta, stellvertretender Leiter des städtischen Fachbereichs Stadtgrün, im Umweltausschuss berichtete, hat die Stadt von 2016 bis 2018 die Fällung von 4163 Bäumen abgesegnet. Auf städtischen Flächen sei die Fällung von 2727 Bäumen genehmigt worden, präzisierte er, darunter auch 151 Bäume, die 2018 durch das Orkantief Friederike beschädigt worden seien. Auf Privatgrundstücken sei das Abholzen von 1436 Bäume abgesegnet worden; sie hätten der Baumschutzsatzung unterlegen.

Den 4163 abgeholzten Bäumen stünden 717 Neupflanzungen auf städtischen und 962 Neupflanzungen auf Privatgrundstücken gegenüber, so die städtische Antwort weiter. Macht insgesamt also 1679 Bäume, sprich: nicht mal die Hälfte der verschwundenen Bäume. Nicht an allen Standorten, begründete Sengupta, könnten Bäume nachgepflanzt werden. Bäume zum Beispiel in Park- und Grünanlagen, aber auch an öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten stünden oftmals so dicht, dass eine Nachpflanzung nicht sinnvoll und praktikabel sei. „Straßenbaumstandorte können auch nicht immer am gleichen Ort wieder bepflanzt werden, da Leitungen, Kanäle, Einfahrten et cetera berücksichtigt werden müssen“, so der Verwaltungsmann.

12.500 Bäume an den Straßen

Im öffentlichen Raum gibt es nach Angaben des städtischen Fachbereichs Stadtgrün etwa 30.000 Bäume, darunter 12.500 an Straßen.

Die drei häufigsten Baumarten an Straßen sind laut Stadtgrün Ahorn (19 Prozent), Platane (17 Prozent) und Esche (14 Prozent).

Zum Schutze des Baumbestandes gibt es eine Baumschutzsatzung. Unter Schutz stehen demnach Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern. Nicht unter diese Satzung fallen unter anderem Obstbäume mit Ausnahme von Walnussbäumen, Esskastanien und Birnbäume. Wer dennoch einen Baum fällen will, muss sich bei Stadtgrün melden; dort wird überprüft, ob das möglich/nötig ist: E-Mail: fb-stadtgruen@herne.de.

Bäume im Wald werden grundsätzlich nicht von Baumschutzsatzungen erfasst; hier gelten die jeweiligen Landesforstgesetze

Aussagen zur Ökobilanz könne er nicht machen, da keine Berechnungsgrundlagen erhoben würden, etwa zur Blattmasse oder Kronenvolumen eines Baumes. Michael Eilebrecht dagegen hat eine Ökobilanz aufgestellt, mit Hilfe einer App, die auch Stammumfänge berücksichtige, sagt er zur WAZ. Durch die Verluste an Baumbestand könnten in Herne fast 26.000 Kilogramm Kohlenstoffdioxid pro Jahr weniger abgebaut werden, meint er. „Gerade in Städten wie Herne, die dicht bebaut sind, kann man sich einen Kahlschlag dieser Art auf Dauer nicht erlauben“, betont er. Und fügt an: „Jahrelang haben wir dies zugelassen, dies muss nun ein Ende haben – zum Wohle unserer Kinder und Enkelkinder.“

Kritik von Bund-Chefin Buddemeier

Ähnlich äußert sich Hiltrud Buddemeier, Chefin des Bund für Umwelt- und Naturschutz in Herne. Dass mehr Bäume gefällt als neu gepflanzt werden, nennt sie „schlimm“. Das Problem: In Herne, sagt sie, gebe es kaum noch Flächen, auf denen Bäume neu gepflanzt werden könnten: „Alles ist zugebaut.“ Müssten etwa an Straßen kranke Bäume weichen, die früher zu eng beieinander gepflanzt worden seien, so gebe es heute keinen Ersatz mehr. Die Verwaltung, klagt Buddemeier, vernachlässige bei der Stadtplanung Bäume seit vielen Jahren. Aber vielen Politikern seien sie nicht wichtig, und auch so manche Bürger schwängen die Säge, ohne anschließend neu zu pflanzen.

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