Herne. Die Temperaturen mögen zwar im Keller sein, doch beim Weihnachtskörl vor dem Rathaus ist die Stimmung auf dem Höhepunkt. "Die Eiseskälte ist ideal für uns", meint Georg Gabriel vom Stadtmarketing. Auch die Kühlanlage freut sich: Sie läuft nur auf Sparflamme.
Es kommt nicht häufig vor, dass Georg Gabriel seine langen Unterhosen aus dem Schrank kramt, doch wenn es draußen so kalt ist wie daheim in der Tiefkühltruhe, dann sind solche Maßnahmen angebracht. Mütze, Schal, Handschuhe: Gut verpackt empfängt uns der Mitarbeiter vom Stadtmarketing am Eingang des „Weihnachtskörls”, um einen kleinen Blick hinter die Kulissen der neuen Herner Weihnachtsattraktion zu werfen. „Einer von uns ist ja den ganzen Tag vor Ort”, erklärt er. „Da muss man zusehen, dass man nicht erfriert.”
"Die Kälte ist ideal für uns"
Dabei: Die Temperaturen mögen zwar im Keller sein. Doch die Stimmung beim „Körl” (Ruhrpott-Slang für das schottische Wort „Curling”) ist seit einigen Tagen auf dem Höhepunkt. „Die Kälte ist ideal für uns”, sagt Gabriel. Nicht nur das Eis erfreut sich bei diesem Wetter bester Verfassung, auch die Kühlanlage läuft nur auf Sparflamme und verbraucht somit wenig Strom. Zum Vergleich: Wenn es draußen zehn Grad warm wäre, müsste die Anlage wesentlich mehr Kühlflüssigkeit ins Eis pumpen. Mit 2000 kWh beliefe sich die Leistung dann auf den Tagesverbrauch eines herkömmlichen Singlehaushaltes. „Doch bei diesem Wetter haben wir die Kühlanlage natürlich weit herunter geschraubt.” Und noch einen Vorteil hat die Eiseskälte: „Wenn es schön kalt ist, trinken die Leute gern einen Glühwein”, meint Georg Gabriel.
Suche nach Dellen und Rissen
Eine echte Curlingbahn in Herne: Das gab's noch nie. Auch Bahnmeister Mathias Hallerbach, der gemeinsam mit seinem Bruder Sebastian das Eis in Schuss hält, freut sich über den neuen Freizeitspaß. Mit einem Schrubber und einem Eimer Leitungswasser untersucht er fachmännisch die 25x5 Meter große Eisfläche nach Dellen und größeren Rissen. „Das bessern wir dann mit etwas Wasser aus”, erklärt der 19-jährige Abiturient. Der heftige Regen während des Aufbaus zu Beginn des Monats führte übrigens dazu, dass die 10 cm hohe Eisschicht etwas dicker ist als geplant. „Da mussten wir die Bande am Rand etwas erhöhen”, meint Georg Gabriel. „Sonst wären die Steine beim Schieben womöglich über die Fläche hinaus gepurzelt.” Und da jeder Stein locker 25 Kilo wiegt, hätte das zu manch blauem Zeh am Rand der Eisbahn führen können. Doch jetzt ist Spielen und Zuschauen absolut ungefährlich.
Steine aus Schottland
Übrigens: Die 16 Spielsteine, die beim Curling möglichst präzise über die Fläche geschoben werden müssen, stammen nicht aus irgendeinem Baumarkt. Der spezielle Granit, aus dem die Steine gefertigt werden, wird nur an einer einzigen Stelle auf der Erde abgebaut: auf Aisla Craig, einer kleinen Insel vor der Südküste Schottlands. Und entsprechend wertvoll sind die schweren Dinger dann auch – pro Stein etwa 300 Euro. „Hier liegen knapp 5000 Euro auf dem Eis”, meint Gabriel. Ein Glück hat die Stadt all dies nur geliehen: von einem Unternehmen aus Marl, das auch die Eisbahn an der Essener Zeche Zollverein installiert hat.
Damit sich nach Feierabend niemand auf dem Eis verirrt, hat die Stadt einen Wachdienst engagiert, der hier Patrouille läuft. „Nachts stehen die Wachleute dann hier mit dem Schlauch in der Hand, um die Eisfläche zu bewässern”, erzählt Georg Gabriel. Eine Eisfläche zu hegen und zu pflegen, ist halt ein 24-Stunden-Job. Und so manche lange Unterhose wird da in diesem Jahr gewiss noch zum Einsatz kommen . . .