Herne. Hernes OB Frank Dudda füllt seine Kampagne gegen Respektlosigkeit und Verrohung mit Leben. Diese Ideen und Mitstreiter hat er gefunden.

Die geplante Kampagne von Oberbürgermeister Frank Dudda gegen zunehmende Respektlosigkeit und Verrohung der Gesellschaft nimmt Form an. So will die Verwaltung eine zentrale Meldestelle für Beleidigungen gegen städtische Mitarbeiter im Internet einrichten, kündigt der OB gegenüber der WAZ an. Außerdem hätten sich bereits mehrere Institutionen gemeldet, sich sich an der Kampagne beteiligen wollten, unter anderem Polizei und Staatsanwaltschaft.

Hintergrund: Der Oberbürgermeister hatte sich vor den Sommerferien im WAZ-Interview über eine steigende Respektlosigkeit in der Gesellschaft beklagt. Er befürchte Radikalisierungen und mehr Gewalt, sagte er. Anfang Juli kündigte er gegenüber der Politik für die Zeit nach den Sommerferien eine Kampagne mit einem eigenen Logo an, um dieser gesellschaftlichen Entwicklung entgegenzusteuern.

Thema in der Bildungskonferenz

Frank Duddas Beitrag auf der Fridays for Future-Demonstration am 14. Juni 2019 brachte den Stein ins Rollen. Der OB kritisierte die Störer seiner Rede.
Frank Duddas Beitrag auf der Fridays for Future-Demonstration am 14. Juni 2019 brachte den Stein ins Rollen. Der OB kritisierte die Störer seiner Rede. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Kampagne sei auf einem guten Weg, nach den Sommerferien soll sie mit Leben gefüllt werden. Mitmachen wollten etwa Schulen, Vereine und Moscheevereine. So soll die Kampagne Thema der großen Herner Bildungskonferenz werden. Auch gebe es Interesse von Vereinen, ihren Sportplatz zu einem „Gewaltfreien Sportplatz“ erklären. Nicht zuletzt gebe es Signale der Justiz, sich zu beteiligen: „Wir haben sehr gute Gespräche mit Polizei und Staatsanwaltschaft geführt, und wir wollen strukturell zusammenarbeiten.“

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Auch die Verwaltung selbst wolle aktiv mit besagter zentraler Meldestelle einsteigen. An sie sollen sich städtische Mitarbeiter wenden können, die von Bürgern zum Teil aufs Übelste beleidigt würden, gerade auch durch so genannte Hate Speech, also Haß-Botschaften in den Internet-Foren. „Das werden wir konsequent der Strafverfolgungsbehörden weiterleiten“, kündigt Dudda an. „Wir wollen den harten Kern, der sich über alle Regeln hinwegsetzt, belangen.“

Wer sich an der Kampagne beteiligt, soll ein Logo tragen, dass gerade entwickelt wird. Dazu ist der OB auf die Jugendkunstschule zugegangen. Wichtig ist Dudda, dass sich die Partner, die das Logo tragen, aktiv einbringen, sprich: eigene Schritte gegen Respektlosigkeit, Verrohung und Gewalt auf den Weg bringen. Dazu sollen Mindeststandards entwickelt werden. Dudda: „Zwei bis drei Maßnehmen reichen.“ Not täten Aktionen gegen Beleidigungen jeder Art, zudem gegen Gewalt. Dudda hofft gerade auch auf eine starke Beteiligung der Bürger. Auch sie könnten und sollten eigene Ideen einbringen.

Das sagen die Vertreter von Parteien und Fraktionen

Vertreter der Parteien und Fraktionen begrüßen die Kampagne des OB. Sie sei „eine gute Idee und leider notwendig“, sagt etwa Hernes SPD-Chef Alexander Vogt. Es ist wichtig, dass der Oberbürgermeister das Thema angeht. Ähnlich äußert sich Thomas Bloch (FDP). Viel zu oft würden Meinungen heute diskreditiert, klagt der FDP-Chef, der die OB-Initiative deshalb „ausdrücklich“ begrüße.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke lehnt die Kampagne nicht ab, er befürchtet aber, dass sie wirkungslos bleibt. Sie dürfte ähnlich verpuffen wie eine Kampagne zur Müll-Vermeidung. „Die, die man erreichen möchte, erreicht man nicht mit einer Kampagne“, glaubt Reinke.

Kritisiert den OB: Daniel Kleibömer (Linke).
Kritisiert den OB: Daniel Kleibömer (Linke). © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Auch die Linken nennen es notwendig, der Verrohung der Sprache etwas entgegenzusetzen. Denn: Die Geschichte habe gelehrt, dass nach der Verrohung der Sprache zunehmend Gewalt gegen ganze Gruppen das Ergebnis sein könne, sagte Daniel Kleibömer. Ein Bündnis zu schmieden, sei sicherlich eine Möglichkeit, dem entgegen zu treten. Allein: Zwingende Voraussetzung dafür sei, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Das aber, so Kleibömer, habe auch der OB nicht getan. So habe Dudda die Respektlosigkeit von Teilnehmern bei seiner Rede auf der Fridays for Future-Demo beklagt. Sie hätten ihr Recht wahrgenommen, öffentlich den Aussagen des Oberbürgermeisters zu widersprechen. Ihnen Respektlosigkeit vorzuwerfen, sei „abqualifizierend“.

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