Herne. Ein Anker von 3,60 Metern Länge kündigt seit Montag im Foyer des Archäologiemuseums die Ausstellung „Pest“ an. Was es damit auf sich hat.
Ein imposantes Exponat steht seit Montag im Foyer des LWL-Archäologiemuseums: ein Anker aus Eisen, eine Tonne schwer. Mit 3,60 Metern Länge und 2,20 Metern Breite ist er das größte Stück der geplanten Sonderausstellung zur Pest. Am 20. September soll sie in Herne eröffnet werden. Der Anker gehörte zum Handelsschiff „Grand Saint Antoine“, das 1720 die Pest nach Marseille brachte - der letzte Ausbruch der Seuche in Westeuropa.
Besatzung schon bei der Rückfahrt erkrankt
Geschichte des Ankers im Kabinettraum
Der Anker aus Marseille bleibt laut Museumsleiterin Doreen Mölders im Foyer stehen, wo der die Sonderausstellungshalle mit dem so genannten Kabinettraum verbindet.
Dort wird die Geschichte des Ankers mit Fotos nachgezeichnet.
Die Ausstellung „Pest“ wird vom 20. September bis 10. Mai im LWL-Museum für Archäologie in Herne gezeigt. Mehr auf www.pest-ausstellung.lwl.org
Zehn Monate lang war das Schiff im östlichen Mittelmeer unterwegs gewesen, um schließlich mit Pottasche, Baumwolle und anderen Stoffen aus dem Nahe und Mittleren Osten nach Frankreich zurückzukehren, berichtet Stefan Leenen, der Kurator der Ausstellung „Pest!“. Schon während der Rückfahrt seien einige Mitglieder der Besatzung erkrankt oder sogar verstorben. Schuld waren die Pestflöhe an Bord, die sich in den Stoffen verborgen hatten. Die Quarantänemaßnahmen in Marseille kamen zu spät, die Flöhe waren bereits auf die Menschen übergesprungen, die die Ware getragen hatten.
Das Schiff wurde vor Marseille versenkt und erst 1980 gefunden, berichtet Stefan Leenen. Der Anker wurde 1982 geborgen. Seit einigen Jahren ist er restauriert im Geschichtsmuseum von Marseille ausgestellt. Dort ist nächstes Jahr auch eine große Sonderausstellung zum 300-jährigen Jubiläum geplant, weiß Leenen. Bis dahin stellt das Musée d’Histoire den Anker Herne zur Verfügung. Eine Kunstspedition aus Düsseldorf hat ihn gerade in Marseille abgeholt und am Montag mit Hilfe eines Geh-Hubwagens wieder auf sein Gestell gehievt.
Im 14. Jahrhundert starb halb Europa an der Pest
Mit diesem und etwa 300 weiteren archäologischen und kulturgeschichtlichen Exponaten will das Museum in den nächsten Monaten die Geschichte der Krankheit erzählen, der im 14. Jahrhundert ein Drittel bis die Hälfte der europäischen Bevölkerung zum Opfer fielen. Die Pest ist bis heute nicht ausgerottet, noch vor zwei Jahren gab es in Magadaskar eine Epidemie.
„Wir haben ganz viele Exponate, bei denen man um die Ecke denken muss“, kündigt der Kurator an. Die Bandbreite machte Stefan Leenen anhand einiger Beispiele deutlich. Original-Bakterien auf einem Objektträger sind zum Beispiel dabei - natürlich abgetötet. Das Museum hat sie sich beim Bundeswehrlabor in München besorgt, wo sie in einem Hochsicherheitslabor aufbewahrt werden.
Aber auch ein ausgestopfter Hahn hat etwas zu erzählen: Im 16. Jahrhundert setzte man ihn (lebendig) auf die Pestbeulen der Kranken, damit sie diese „Bubonen“ mit ihrem After in sich hineinzögen. Ein Fez steht für einen versuchten „Bio-Terroranschlag“ der Venezianer: Sie sollen infizierte Flüssigkeit auf das Filz der Kopfbedeckungen der feindlichen osmanischen Truppen aufgetragen haben.
Auch High-Tech-Exponate sind zu sehen. Die „Analytische Task Force NRW Biologie“ der Feuerwehr Essen hat kürzlich schon ihr Material vorgeführt.