Herne. Kinder aus vielen Nationen haben gemeinsam an der Emscherstraße in Herne getanzt. Eine Dokumentation gibt Einblicke in den Alltag der Kinder.
Hundert Meter entfernt hört man schon die spielenden Kinder. Ein kleines Schild mit der Aufschrift Arche zeigt, wo die Geräusche herkommen. Im zweiten Stock spielen um die 20 Kinder gemeinsam in einer 90 Quadratmeter großen Wohneinheit. Die Luft ist stickig und warm. In den kleinen Räumen lernen, essen und spielen die Schüler aus bis zu 15 Kulturen gemeinsam mit zwei Sozialpädagoginnen. „Wir platzen aus allen nähten und suchen gerade nach neuen Räumlichkeiten“, sagt Ines Lork.
Seit Anfang des Jahres haben die Kinder der Arche die Möglichkeit, zwei Mal in der Woche mit der Tänzerin und Choreografin Yeliz Pazar und dem Medienkünstler Christopher Deutsch im Innenhof zu tanzen und eigene Videos zu drehen. Die jungen Tänzer und Hobbyfilmer haben sich in den letzten Wochen mit ihrer Lebenswelt sowie mit Wünschen und Träumen beschäftigt. Wer bin ich? Wo bin ich? Wie beeinflusst mich meine Umwelt und wie kann ich diese beeinflussen? Wie viel Entfaltungsraum bleibt mir, wenn eben jene Räume fehlen? Auf diese Fragen haben die Kinder gemeinsam mit ihren Trainern Antworten gesucht.
Ideen für die Tanzschritte und Videoeinstellungen kommen aus dem Umfeld
Inspirationen für die Choreografien und Videos kommen direkt aus der Umgebung. „Wir sind in der Gegend herumgelaufen und hatten direkt Ideen. Die Kids haben auch viele Vorschläge gemacht“, sagt Yeliz Pazar. Insgesamt haben um die 15 Kinder mitgemacht. „Wir wussten nie, wer alles kommt“, erzählt sie.
Am letzten Tag vor den Sommerferien wurden die fertigen Videos in der Arche präsentiert. Die Kinder saßen mit Saft-Cocktails vor einer kleinen Leinwand. Aufgeregt tuschelten sie mit ihren Sitznachbarn. Im ersten Video tanzte ein Junge alleine zu Hip-Hop Musik. Zum Abschluss machte er einen Rückwärtssalto.
„Es fällt den Kindern teilweise schwer, sich selbst in den Videos zu sehen. Am Ende sagte er, es war ja doch ganz gut“, berichtet der Pädagoge Christopher Deutsch. Die Kinder seien schnell eingeschüchtert und hätten ein großes Schutzschild. Dies liege insbesondere daran, dass die Jungen häufig wie Erwachsene behandelt würden. Auch Probleme in der Schule seien keine Seltenheit. „Die Jungs sind so drauf getrimmt, cool zu sein. Sie kommen direkt zu uns und umarmen uns. Das fehlt ihnen“, betont Yeliz Pazar, „wenn wir ihnen die Aufmerksamkeit geben, blühen sie auf“.
Kinder erzählen in Interview von ihrer Herkunft und ihren Zielen
Projekt wird von Ruhrwerk gefördert
Das Tanzprojekt wurde vom Verein Ruhrwerk ins Leben gerufen, die von der Gelsenwasser-Stiftung unterstützt werden.
Die Unternehmerinnen organisieren und begleiten Langzeitprojekte für Kinder und Jugendliche mit Handicap oder Förderbedarf in Herne.
In einem weiteren Video interviewten sich einige Mädchen gegenseitig. Sie erzählten von ihren Geschwistern, ihrer Herkunft, was ihnen an der Arche gefällt und was sie später werden wollen. Es fallen Berufe wie Fußballerin, Ärztin und Polizistin.
Eine Jungengruppe hat sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Sie rappen auf dem Spielplatz im Innenhof. „Mein Block ist der beste“, singen die Grundschüler im Chor. Einige Mädchen kichern. „Wir unterstützen uns gegenseitig und klatschen“, ruft Yeliz Pazar in den kleinen Raum. Manchmal müsse sie den Kindern Denkanstöße geben, um das Miteinander zu verbessern.
Das Projekt soll nach den Sommerferien weiterlaufen. Trotzdem konnten die Coaches bei den Kindern schon einige Fortschritte erkennen. „Die Zuverlässigkeit der Kinder verbessert sich und sie werden immer ruhiger und konzentrierter“, sagt Christopher Deutsch.