Herne. „WAZ öffnet Pforten“ heißt es wieder in diesem Sommer. Die beliebte Leser-Aktion ist im Lukas-Hospiz gestartet. Was Teilnehmer dort erwartete.
Ein Schüler hat mal gesagt: „Hier sieht es aus wie in einer Jugendherberge.“ Und tatsächlich sorgt der offene und helle Eingangsbereich des Lukas-Hospiz bei Besuchern für erstaunte Gesichter. Eine wirkliche Vorstellung, wie es aussieht, hatten die elf WAZ-Leser zwar nicht, aber so haben sie es sich nicht vorgestellt. Im Rahmen der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ führt Hospizleiterin Anneli Wallbaum die Leser durch das Haus an der Jean-Vogel-Straße und beantwortet zahlreiche Fragen.
„Bei vielen spielt das Kopfkino verrückt, sobald sie Hospiz hören“, weiß die 59-Jährige, die das Haus seit der Eröffnung vor zwölfeinhalb Jahren leitet. Viele dächten an einen düsteren, traurigen Ort. „In erster Linie ist das ein Haus des Lebens.“ Hospiz sei immer die Idee mit Tod und Sterben anders umzugehen. Vor der Eröffnung habe es Gegenwind aus der Nachbarschaft gegeben. „Viele sind einfach unsicher“, erklärt Anneli Wallbaum. Fragen wie „Darf ich denn noch Grillen, wenn nebenan auf der Terrasse ein Sterbender liegt?“ beantwortet sie so: „Ja, klar, aber bringen sie ein Würstchen vorbei.“
Mit Partner und Hund Waldi
Die Leser haben zahlreiche Fragen mitgebracht, die das Haus und die Abläufe betreffen. Sie erfahren, dass es zehn Gästezimmer gibt, von denen fünf einen kleinen angeschlossenen Raum für Angehörige haben. Aber auch in den anderen Räumen sei es möglich, dass Angehörige bleiben. „Kurzzeitig ist hier ihr Lebensmittelpunkt, mit Partner und auch Hund Waldi.“
Angehörige können an den Mahlzeiten teilnehmen. Zwei Mal im Monat gibt es für sei ein Wellness-Angebot, denn häufig vergessen sie es, sich um sich selbst zu kümmern. Die Frage nach einer Warteliste bejaht Anneli Wallbaum. „Wir müssen anhand der medizinischen, aber auch anhand der persönlichen Situation eine Dringlichkeitsliste erstellen.“ Ein Pflegegrad habe übrigens keine Auswirkung auf den Hospizanspruch. Es zähle nur, dass der Arzt eine begrenzte Lebenserwartung von drei bis sechs Monaten attestiere.
Verweildauer ist gesunken
Wie lange die Menschen in der Regel im Hospiz sind, möchte eine Leserin wissen. „Die Verweildauer ist im Vergleich zum Anfang gesunken“, erklärt Wallbaum. Waren es anfangs 22 bis 28 Tage, sind es heute 13 bis 16 Tage. Auch werden die Gäste immer jünger. Der jüngste Gast war eine 18-Jährige, der Älteste hätte fast noch seinen 100. Geburtstag im Lukas-Hospiz gefeiert. „Viele erleben hier noch mal ein Hoch“, erklärt Anneli Wallbaum. Im Krankenhaus sei vieles ungewiss und dass sei schwer auszuhalten. „Wer zu uns kommt, weiß, wohin die Reise geht.“ Das bedeute aber nicht, dass man nie wieder aus dem Hospiz rausdarf. Viele seien unsicher, ob sie ihre Angehörigen noch einmal nach Hause holen dürfen. „Natürlich, keiner ist hier eingesperrt und es stirbt keiner am Hospiz.“
Ehrenamt ist wichtige Säule im Hospiz
Das Ehrenamt ist eine tragende Säule der Hospizarbeit. 50 Ehrenamtliche sind seit 12 Jahren im Lukas-Hospiz im Einsatz.
Es gibt gästenahe und gästeferne Dienste, die meisten entscheiden sich aber für den Kontakt mit den Gästen.
Wer ehrenamtlich helfen möchte, kann drei Tage hospitieren und dann einen Kursus machen.
Selten würden Gäste entlassen, wenn sich ihr Zustand stabilisiere. Dies sei aber die Ausnahme: Von 220 Gästen pro Jahr würden sechs bis zehn entlassen oder verlegt. Wer im Hospiz verstirbt, wird nicht vergessen: Ihre Namen werden auf Blätter geschrieben und an einen Holzbaum geklebt. Am Ende des Jahres kommen alle Blätter in ein Album.
Im Alltag gehe es darum, Wünsche zu erfüllen - sei es nachts um drei Bratkartoffeln zu braten oder entspannte Badestunden zu ermöglichen. Bei größeren Wünschen hilft seit einiger Zeit der Wünschewagen vom Arbeiter-Samariter-Bund. „Ein Gast konnte auf diese Weise nach Hamburg zum ,König der Löwen’.“ Das meistgewünschte Ziel sei die Nordsee. „So was umzusetzen, ist leicht“, betont Anneli Wallbaum. „Schwierig auszuhalten ist, wenn etwas nicht mehr funktioniert.“