Udo Freudenberg fürchtet, dass ihm sprichwörtlich die Decke auf den Kopf fällt. In seiner Altbauwohnung sind Teile der Decke heruntergebröckelt.
Die Herner Innenstadt trug in der Nachkriegszeit die Bezeichnung „Goldene Stadt“, weil im Krieg viele Häuser vom Bombenhagel verschont worden waren. Davon zeugen noch heute die zahlreichen Gründerzeitfassaden zwischen Europa- und Robert-Brauner-Platz. Dazu zählt auch das Haus Bahnhofstraße 18. Doch hinter der zartrosa Fassade, die äußerlich einen passablen Eindruck macht, bröckelt es gewaltig. So sehr, dass Udo Freudenberg fürchtet, dass ihm sprichwörtlich die Decke auf den Kopf fällt.
Der 61-jährige ehemalige Bergmann war Anfang des Jahres dort ins zweite Obergeschoss eingezogen, doch die Freude über die neuen eigenen vier Wände währte nicht lange. Freudenberg stellte Risse an den Wänden fest, auch Feuchtigkeit bemängelte er. Freudenberg kürzte mit Hilfe seines Anwalts Wolfgang Bruch die Miete für April von 871 Euro (für rund 150 Quadratmeter) um etwa die Hälfte auf 440 Euro.
Feuerwehr kontrollierte Wohnung
Der Eigentümer - die Marx City Investor GmbH aus Essen - forderte den Betrag zurück. Die Rissbildungen seien bei Einzug bekannt gewesen und ließen sich bei Altbauten grundsätzlich nicht vermeiden, eine Messung habe ergeben, dass es keine Feuchtigkeit gebe.
Doch am Freitag, 17. Mai, fiel Freudenberg tatsächlich fast die Decke auf den Kopf. Im Wohnzimmer war ein Teil der Zimmerdecke heruntergebröckelt. Die WAZ fragte bei Marx City Investor nach, wie man dort diesen Vorfall bewerte. Dieser verweist darauf, dass die Ursache ein Wasserschaden gewesen sei, den der Mieter erst mit Verspätung gemeldet habe. Wörtlich heißt es in der Antwort auf die WAZ-Anfrage: „Es handelt sich nicht um einen Teil der Zimmerdecke, sondern um einen kleinen Teil der abgehängten Decke.“ Dies entspricht offensichtlich nicht der Realität, durch das Loch ist gut die in Altbauten dieser Zeit übliche Spalierdecke zu erkennen. Freudenberg ließ noch an jenem Wochenende die Feuerwehr kommen. Die sah nach Auskunft der Stadt keine akute Einsturzgefahr, riet Freudenberg jedoch, das Wohnzimmer nicht mehr zu nutzen.
Das Haus, in dem noch eine weitere Wohnung und ein Ladenlokal vermietet ist, macht einen bemitleidenswerten Eindruck. Im Treppenhaus hängen Staubfäden und Spinnenweben von den Wänden, die letzte Grundrenovierung muss Jahre zurückliegen. Rechtsanwalt Wolfgang Bruch hält die Immobilie vom Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr für eine private Nutzung geeignet, dort sei nie groß investiert worden. Sein Mandant ist nicht der einzige, der Probleme mit der Marx City Investor GmbH hat. Immobilienmakler Ralf Müller, der im Nachbarhaus das Ladenlokal an Leder Berensen vermietet hat, erzählt, dass er mit dem Essener Unternehmen wegen eines Wegerechts vor Gericht streitet.
Bei Udo Freudenberg haben sich inzwischen sprichwörtlich neue Probleme aufgetan. Nachdem in dieser Woche ein Bautrupp angerückt ist, um den Schaden im Wohnzimmer zu beheben, ist dieses sowie ein weiterer Raum verschlossen. Dafür hat sich an der Decke eines anderes Zimmers ein weiterer Riss entwickelt. Im Hausflur zeigen sich ebenfalls Risse. Freudenberg, der sich als bestellter Betreuer in der Wohnung um eine Person kümmert, versucht nun, so schnell wie möglich eine andere Wohnung zu bekommen. Auch wenn er für den letzten Umzug schon rund 5000 Euro bezahlt habe.