Lars Reichow präsentierte am Mittwochabend sein Programm „Der Unterhaltungskanzler” in den Herner Flottmann-Hallen. Dabei bildete er ziemlich genau das ab, was der deutsche Politzirkus derzeit zu bieten hat: wenig Inhalt, schön verpackt.
Der Einstieg in das Programm, das rund 90 Minuten dauern und aus einem steten Wechsel aus Stehmonolog und Gesang am Piano bestehen sollte, war vielversprechend: Der Song über die (Finanz-)Krise, gespickt mit feinstem Wortwitz, brillanten Bildern und derart pointierten Spitzen, dass die Erwartungen blitzschnell in die Höhen des harten Politkabaretts schossen. Der Absturz folgte auf dem Fuße, Reichow holte sein Publikum umgehend auf den Boden der Nichtigkeiten zurück.
Die folgende, nennen wir es mal Krisenberichterstattung über Rauchverbot, das Wesen der Frau, die Bildungsmisere („Ich glaub', es gibt gar keine Finnen. Ich kenne keinen”) und die Umweltkrise („Wir müssen die Pole wieder einfrieren und viele Tiere noch mal neu anpflanzen”) blieb relativ farblos, wirkte irgendwie unausgegoren. Aber dann: Dann kam sein wirklich wahnsinniger Krümel-Hass-Monolog („Wenn ich ein frisches Brötchen sehe, möcht' ich am liebsten sofort 'nen nassen Lappen drüberwerfen”). Großartig! Reichow hatte sich warm gelaufen, der Weg zur Pause (mit Gedanken über dicke und (!) doofe Deutsche und seiner herrlichen Version von „Je t'aime... moi non plus”) geriet kurzweilig und schräg.
Nach der Pause blieb er dem neu entdeckten Prinzip treu und widmete sich auf überraschend entlarvende Weise dem Alltäglichen, kam vom morgendlichen Toast zu Planungswut und Nörglertum und von den Promischlagzeilen zum Verhältnis von Geld und Macht. Der Knaller: seine im Pfälzer Dialekt vorgetragene Politikerrede. An Wortspiel und Boshaftigkeit nicht zu überbietende Realsatire!
Am Ende hat Lars Reichow genau das geschafft, was eine durchschnittliche Politikerrede auch vermag: Man sitzt zu Hause und fragt sich, worüber hat der Mann eigentlich gesprochen? Einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Unterhaltungskanzler und dem echten Schreckenskabinett gibt es dann aber doch: Reichows Show richtet wesentlich weniger Unheil an, und ist außerdem noch intelligent, charmant, witzig – und vor allem null einschläfernd. Ach ja, und singen und Klavierspielen kann er auch noch wirklich gut.