Herne. . Endstation Schlachthof: Angelina Dobrowolny und ihr Bruder Justin Peylo wollen „ausgedienten“ Tieren ein zweites Leben schenken.
Was passiert mit einer Milchkuh, wenn sie keine Milch mehr gibt? In der Regel wird sie geschlachtet, da sie dem Bauern nicht mehr nützlich ist. Gleiches Schicksal droht Mastbullen, wenn sie nicht mehr zur Zucht benötigt werden. Der Verein Schokuhminza hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Tiere zu retten und ihnen ein zweites Leben zu ermöglichen – und all denen, die sie nicht retten können, eine Stimme zu geben.
Ihre Familie hat sich schon immer im Tierschutz eingesetzt, vegetarisch gelebt. Vor drei Jahren beschlossen alle, sich vegan zu ernähren. „Wir wollten aber noch mehr machen“, erklärt Angelina Dobrowolny, die an der Ruhr-Universität Bochum in der Verwaltung arbeitet. „Wir haben bei einem Milchbauern gefragt, ob wir uns umschauen dürfen.“ Dabei entdeckte die 29-Jährige einen Mastbullen, der zum Schlachthof sollte. Sie machte Fotos, stellte sie bei Facebook ein und schilderte das Schicksal des Tieres, das sie mittlerweile Tobi getauft hatte. „Es kam sofort die Frage, können wir nicht etwas machen? Wir spenden gerne.“
So organisierte sie ihre erste Rettung. Sie nahm Kontakt zu Gnadenhöfen auf, um einen Stellplatz zu finden. Außerdem musste der Bulle kastriert werden. Es galt, Auflagen für das Veterinärsamt zu erfüllen und den Transport zu organisieren. „Hier in der Gegend gibt es wenig Höfe und wenn, haben sie keinen Platz für Rinder“, erklärt die Tierschützerin. Tobi fand schließlich einen Platz auf einem Hof im Rhein-Sieg-Kreis. Alles in allem habe die Rettung knapp 2000 Euro gekostet. Die Kosten seien unterschiedlich, da der Bauer für das Tier mal mehr, mal weniger verlange.
Bezug zu Pippi Langstrumpf
„Schnell folgte die zweite Rettung und da war klar, dass ich das nicht als Privatperson weitermachen kann.“ Deshalb gründete sie im September 2018 mit ihrem Bruder Justin Peylo den Verein. Schokuhminza sei an einen der vielen Vornamen von Pippi Langstrumpf angelehnt, die Angelina Dobrowolny als Kind sehr mochte. „Pippi hatte einen starken Bezug zu Tieren und mit der Minze haben wir das Grün mit drin. Das passt ganz gut.“
Mittlerweile hat der Verein vier Tiere gerettet. Obwohl: eigentlich schon fünf. Denn eine der Milchkühe, die geschlachtet werden sollte, weil sie nicht mehr kalbt, hat nach der Rettung ein Kalb geboren. „Sie hatte 13 Kälber und das ist das erste, das sie behalten und groß ziehen darf.“
In die Milchindustrie eingearbeitet
Die Geschwister haben sich in die Hintergründe der Milchindustrie eingearbeitet, viel gelesen, Seminare besucht, sogar ein Geburtsseminar für Kühe. Deshalb erkennen sie auch Missstände. Tobi war beispielsweise angekettet, was nicht erlaubt sei. „Wir möchten etwas verändern und nicht, dass die Menschen bestraft werden“, sagt Angelina Dobrowolny. Sie wollen informieren, nicht belehren. „Das geht am besten bei einem Besuch auf dem Gnadenhof. Da merkt man schnell, dass eine Kuh kein Produkt ist.“
So unterstützt man
Schokuhminza hat aktuell 14 Mitglieder. Der Jahresbeitrag beläuft sich auf 30 Euro.
Kuhpatenschaften gibt es anteilig ab 25 Euro. Wer nicht regelmäßig spenden kann, kann symbolischer Pate werden. Wer Mitglied werden oder weitere Infos zum Verein und die Rettungen möchte, findet sie unter www.schokuhminza.de
Da sie nicht alle Tiere retten können, versuchen sie ihre Geschichten so gut es geht zu dokumentieren. Ziel sei es zunächst, genügend Spenden zu sammeln, um die Unterbringung der jetzigen Tiere zu gewährleisten. Die Pensionsgebühr für Kühe betrage 125 Euro, für Ochsen 150 Euro pro Monat. Finanziert werde dies über Mitgliederbeiträge und Kuhpatenschaften. Ist dies gesichert, strebe der Verein das langfristige Ziel an: „In gut drei Jahren wollen wir einen eigenen Hof für alle möglichen Tiere eröffnen.“